Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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verstehen und dementsprechend agieren. Diese neuen Größen werden zumindest auch in<br />
der Weltpolitik ihre Rolle spielen, und der Westen, nicht zuletzt auch Europa, täten gut<br />
daran, sich darauf sowohl politisch wie auch mental einzurichten.<br />
14<br />
Mit schon bestehenden Staaten werden nur wenige von diesen Regionalblöcken<br />
identisch sein, wahrscheinlich nur die USA, das augenblicklich wieder erstarkende Russ-<br />
land, ferner China, Japan und möglicherweise noch Indien. Andere werden aus dem<br />
Zusammenschluss älterer (und fortbestehender) Staaten hervor gehen: die Europäische<br />
Union, die im Asean-Pakt vereinigten südostasiatischen Staaten, die islamischen Staaten<br />
(die sich allerdings zu zwei oder drei verschiedenen Gruppen zusammen finden dürften),<br />
ferner das immer wichtiger werdende Lateinamerika, in dem sich schon jetzt so unter-<br />
schiedliche Organisationen wie die Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur und der eher poli-<br />
tisch ausgerichtete Anden-Pakt heraus gebildet haben. Am wenigsten klar liegen die Dinge<br />
in Schwarzafrika, wo sich zwar auch gewisse Strukturen der Kooperation gebildet haben<br />
und immer noch weiter bilden, wo diese aber auch einem permanenten und raschen<br />
Wechsel unterworfen sind.<br />
Ob es richtig ist, die sich so entwickelnde Welt als polyzentral zu bezeichnen, ist<br />
derzeit heftig umstritten. Die Amerikaner, die ihren Konkurrenten augenblicklich nur an<br />
Wirtschaftskraft und militärischer Macht, sondern auch an Bereitschaft zur Übernahme<br />
weltpolitischer Verantwortung weit überlegen sind, verneinen diese Frage – und nicht nur<br />
seit sie die Führung im Kampf gegen den internationalen Terrorismus übernommen<br />
haben; aber auch nach dem 11. September 2001 dürfte diese Ablehnung eines polyzen-<br />
tralen Weltbildes weniger aus ordnungspolitischen als vielmehr aus Prestigegründen<br />
gespeist werden, vielleicht noch aus dem eher propagandistischen Bedürfnis, die Domi-<br />
nanz der USA nach dem Ende des sozialistischen Lagers und zugleich die erwähnte<br />
Bereitschaft zur Übernahme weltpolitischer Verantwortung verbal zu unterstreichen. Russ-<br />
land und China dagegen bejahen die Polyzentralität, aber offenbar auch nur, um sich<br />
weitergehende Optionen offen zu halten und bis dahin ihre Gleichrangigkeit mit den USA<br />
wenigstens auf dem diplomatischen Parkett aufrecht zu erhalten. Europa schließlich,<br />
obwohl es vom Gewicht Amerikas jahrzehntelang nur profitiert hat, wäre gut beraten, das<br />
polyzentrale Denkmodell zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen, um auf alle Fälle vor-<br />
bereitet zu sein.<br />
Kampf der Kulturen?<br />
Im Jahre 1993 hat der amerikanische Wissenschaftler Samuel Huntington, von einer<br />
ähnlichen Analyse wie der hier dargelegten ausgehend, die These aufgestellt, dass zwi-<br />
schen den in aller Welt entstehenden, weltanschaulich fundierten Machtblöcken kriegeri-<br />
sche Auseinandersetzungen entstehen könnten, ja, dass sie nahezu unvermeidlich seien