Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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europäische Verfassungskonvent 27 , der bei der Einrichtung des Österreich-Konvents ja<br />
noch als Erfolgsmodell schlechthin erschien und erst später aufgrund der Nichteinigung<br />
bei der EU-Regierungskonferenz im Herbst <strong>2003</strong> an Glanz verlor. Ohne hier auf die Kon-<br />
ventsidee als solche näher eingehen und der Frage nachgehen zu können, wie weit der<br />
Österreich-Konvent der Konventsidee gerecht wird – da<strong>für</strong> wäre es derzeit wohl auch noch<br />
zu früh –, 28 zeigt sich schon jetzt, dass der Österreich-Konvent zwar einige Gemeinsam-<br />
keiten mit anderen Konventen aufweist, andererseits aber durchaus auch besondere<br />
Eigenheiten besitzt und entwickelt, die ihn prägen und seine Arbeit sowie seine Ergebnisse<br />
beeinflussen werden. Im vorliegenden Beitrag möchte ich vorwiegend diesen Charakteris-<br />
tika des Österreich-Konvents nachgehen. Abschließend sollen die verschiedenen Erwar-<br />
tungen an den Österreich-Konvent näher betrachtet und davon ausgehend die Erfolgs-<br />
chancen aus derzeitiger Sicht analysiert werden. Sechs Charakteristika des Österreich-<br />
Konvents halte ich <strong>für</strong> besonders entscheidend:<br />
a) Konventsprinzip: jenseits der Tagespolitik<br />
Der Österreich-Konvent wurde im Einvernehmen aller vier Parlamentsparteien ein-<br />
gerichtet. Durch die breite Basis der Zustimmung und aufgrund seiner Vorgeschichte –<br />
man denke an die Vorschläge Gusenbauers – ist der Österreich-Konvent primär kein Pro-<br />
jekt der schwarz-blauen Regierung. Es ist ein gemeinsames Projekt, das deutlich abgeho-<br />
ben von den tagespolitischen Auseinandersetzungen stattfindet. Der Österreich-Konvent<br />
bedeutet daher eine weit größere Chance auf Realisierung einer Verfassungsreform, als<br />
dies der Fall wäre, wenn es bloß einen Vorschlag <strong>für</strong> eine Verfassungsreform seitens der<br />
Regierung oder der Opposition gäbe, der angesichts der derzeitigen politischen Rahmen-<br />
bedingungen keine Erfolgschancen hätte. Alle Parteien sind gefordert – und sie tun es<br />
auch –, zum Gelingen beizutragen. Die Blamage eines Scheiterns würde alle treffen.<br />
Angesichts der oft erkennbaren Härte der tagespolitischen Auseinandersetzungen<br />
sind die im Österreich-Konvent bisher stets möglichen Konsensentscheidungen durchaus<br />
überraschend. In diesem Sinne ist es als ein Erfolg dieser Regierung anzusehen, die Oppo-<br />
sition mit „ins Boot“ bekommen zu haben und damit dieses Prestigeprojekt in ihrer Amts-<br />
periode durchführen zu können. Die Motivation der Opposition, der Regierung dieses Pro-<br />
jekt zu „gönnen“, dürfte in erster Linie wohl tatsächlich in der Überzeugung liegen, dass<br />
eine tiefgreifende Staats- und Verfassungsreform notwendig ist und dass diese nur im<br />
Rahmen eines solchen gemeinsamen, über der Tagespolitik angesiedelten Projektes reali-<br />
sierbar ist. Darüber hinaus könnten aber durchaus auch parteipolitische Überlegungen<br />
eine Rolle gespielt haben, etwa die Meinung, dass die Bundesstaatsdiskussion <strong>für</strong> die ÖVP<br />
am schwierigsten ist und daher dieser politisch Probleme bescheren würde. Zudem war<br />
der Österreich-Konvent sicherlich auch eine gute Gelegenheit, um Eva Glawischnig und<br />
insbesondere Heinz Fischer – den nunmehrigen Kandidaten der SPÖ <strong>für</strong> die Bundespräsi-<br />
dentenwahl 2004 – medial gut platzieren zu können.<br />
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