Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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Temelin, aber auch um die sog. Beneš-Dekrete, und die Tonart, die dabei manchmal ange-<br />
schlagen wurde, brachten die im Jahr 1989/90 existierende große Begeisterung <strong>für</strong> Eur-<br />
opa und die großen Hoffnungen zu einer sehr realistischen Betrachtungsweise. Man ist<br />
sich darüber im Klaren, dass man als kleines und armes Land nur einen begrenzten Ein-<br />
fluss in der EU haben wird und man ist sich auch bewusst, dass zum Unterschied von<br />
Ländern, die in die EU während des Kalten Krieges aufgenommen wurden, z.B. Portugal,<br />
Spanien und Griechenland, wo die Furcht vor der Sowjetunion und dem Kommunismus<br />
die reichen europäischen Staaten zu sehr großzügigen Unterstützungen bewogen hat,<br />
diese Motivation heute fehlt und die Subventionen, sei es in der Landwirtschaft oder in<br />
anderen Bereichen, nur einen Bruchteil dessen betragen werden, was früher aufgenom-<br />
mene Staaten bekommen haben.<br />
Aufbau der Industrie<br />
184<br />
Als der Sowjetblock implodierte und unsere Nachbarstaaten ihre Freiheit zurückge-<br />
wannen, stand die damalige Tschechoslowakei vor folgenden Problemen: Zwar war sie von<br />
allen COMECON-Staaten der, der wirtschaftlich am besten dastand, hatte – wie es damals<br />
schien – eine starke Industrie und war wenig verschuldet. Mit der Zeit stellte sich aber her-<br />
aus, dass die Industrie, die noch in der Vorkriegszeit zur europäischen Spitzengruppe<br />
gehört hatte, in den letzten Jahrzehnten hoffnungslos veraltet war. Während in Westeuropa,<br />
aber auch in Österreich, bereits in den sechziger und siebziger Jahren die Strukturreform<br />
– wenn auch mit großen Schwierigkeiten, erinnern wir uns nur an die Probleme der Mur-<br />
Mürz-Furche – bewältigt wurden und der Wandel von Kohle-, Eisen-, Stahl- und der Textilin-<br />
dustrie zu modernen Produktion geschafft wurde, ist dies in der Tschechoslowakei nicht<br />
einmal angegangen worden. Das alte Regime hat die bestehende Industrie, die noch aus<br />
der Monarchie oder der Ersten Republik stammte, überdimensioniert ausgebaut, sie pro-<br />
duzierte ja <strong>für</strong> den COMECON-Raum, neue Produktionen waren aber nur spärlich vorhan-<br />
den. Die gesamte Wirtschaft war verstaatlicht und das noch viel konsequenter als es in der<br />
DDR, in Polen oder Ungarn war. Bis zum Schluss war alles einer allumfassenden zentralen<br />
Planung unterworfen mit den entsprechenden Folgen gigantischer Fehlplanungen. In den<br />
letzten 14 Jahren ist es gelungen – teils freiwillig, teils gezwungen – die übergroße Rolle der<br />
Eisen- und Kohleabhängigen wie auch der Textilindustrie zu reduzieren und diese der Pri-<br />
vatisierung und Rationalisierung zuzuführen. Da<strong>für</strong> entstanden insbesondere in den letzen<br />
Jahren ganz neue Betriebe und Industrien mit einer bereits modernen Technologie und mit<br />
neuen Produkten, die sowohl am Markt der EU wie in der ganzen Welt ihre Chance wahr-<br />
nehmen können. Natürlich sind dabei auch durch eine teilweise misslungene Privatisie-<br />
rung, durch Unwissen, wie eine moderne Marktwirtschaft, wie Marketing funktioniert, sehr<br />
viele Betriebe verlorengegangen, und es gibt Gebiete mit beträchtlichen Industrieruinen.