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Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

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Der Österreich-Konvent: Charakteristika –<br />

Erwartungen – Erfolgsaussichten Klaus Poier<br />

Herbert Dachs,<br />

dem profunden Theoretiker des politischen Systems Österreichs<br />

zum 60. Geburtstag am 6. Juli <strong>2003</strong> gewidmet*<br />

„Die Grenze beginnt am Dreiländerpunkt Naafkopf und folgt der Wasserscheide<br />

entlang dem ausgeprägten Nordostgrad des Naafkopfes hinab zum Bettlerjoch<br />

(Pfälzer Hütte) und weiter in nordöstlicher Richtung ansteigend bis zirka 400m vor<br />

dem Augstenberggipfel. Dann biegt die Grenze von der Wasserscheide scharf nach<br />

Osten über den Gorvionsattel auf den markanten Block des Gorviongipfels. Über<br />

den Nordostgrad des Gorvion steil gegen den Kellaboden abfallend, verläuft die<br />

Grenzlinie vom Fuß der Felswand in der geradlinigen Verbindung der Grenzzeichen<br />

von den Sieben Brunnen zur Stafeldonalpe, wendet sich dann an der Füliwand<br />

scharf nach Norden und quert den Osthang der Sareiser Alpe bis zum Trübbach-<br />

tobel.“<br />

Der vorstehende Text stammt keinesfalls aus einer Wanderbeschreibung, auch nicht<br />

aus einem Geografiebuch. Dieser Text ist Teil der geltenden österreichischen Bundesver-<br />

fassung, auch wenn es kaum zu glauben ist. Es handelt sich um eine – relativ gesehen<br />

kurze – Passage aus dem zur Gänze in Verfassungsrang stehenden Grenzvertrag zwischen<br />

Österreich und Liechtenstein. 1 Viele derartige Beispiele ließen sich zur Belustigung anfüh-<br />

ren. Die österreichische Bundesverfassung ist formal in einem schlechten, – man kann<br />

zutreffenderweise wohl sagen: – desaströsen Zustand. Die Bestimmungen der Verfassung<br />

über ihre Änderbarkeit gepaart mit der politischen Praxis haben dazu geführt, dass das<br />

Bundesverfassungsrecht zersplittert ist, wie dies wohl einzigartig in der Welt ist. Neben<br />

dem Stammgesetz, dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), gibt es ca. 1.200 weitere Ver-<br />

fassungsnormen in Österreich, Bundesverfassungsgesetze, Verfassungsbestimmungen in<br />

einfachen Gesetzen, Staatsverträge in Verfassungsrang und Verfassungsbestimmungen in<br />

Staatsverträgen. 2 Kaum ein einfaches Gesetz kennt nicht zumindest einen Absatz, der in<br />

Verfassungsrang steht. Und wohl kaum ein Verfassungsjurist in Österreich kennt tat-<br />

sächlich alle Verfassungsbestimmungen, die die Bundesverfassung umfasst. Selbst Karl<br />

Korinek, Präsident des Verfassungsgerichtshofs, scheut sich nicht, darauf hinzuweisen,<br />

dass er im Zuge seiner Tätigkeit im Österreich-Konvent immer wieder auf ihm bisher nicht<br />

bekannte Verfassungsbestimmungen stößt.<br />

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