Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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Schule neu denken – in den Fußstapfen großer Pädagogen<br />
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Man muss Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer großen Mut attestieren, einen<br />
Titel <strong>für</strong> ihre Impulssuche zu wählen, der an Neuerungen all jenes zulässt, worüber<br />
Reformpädagogen bereits seit über 100 Jahren diskutieren: „Schule neu denken“. Ange-<br />
fangen vom Schöpfer dieses Ausspruchs, Hartmut von Hentig, der in Bielefeld eine Modell-<br />
schule als Alternative zum herkömmlichen Schultrott ins Leben gerufen hat und der gleich<br />
ein ganzes Buch unter diesen Titel stellte, bis hin zu in Pädagogenohren so wohlklingen-<br />
den Namen wie Maria Montessori, Celestine Freinet, Peter Petersen und Wolfgang Klafki<br />
reicht die Bandbreite derer, die sich um eine „Schule neu gedacht“ bemühen und bemüh-<br />
ten. Von zentraler Bedeutung wurden in der Schuldiskussion wiederum die Begriffe Ganz-<br />
tags- und Gesamtschule. Einigen, die Erinnerungen an verfahrene Schuldiskussionen ver-<br />
gangener Jahre und Jahrzehnte mit sich herumtrugen, fiel es sehr schwer, sich von den<br />
Parteiideologien zu lösen, die bisher den Umgang mit pädagogischen Begrifflichkeiten<br />
prägten. Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic bewies, als sie die Wortschöpfung der<br />
steirischen „Tagesschule“ 6 aus der Taufe hob, dass es möglich ist, selbst angelegte begriff-<br />
liche und ideologische Ketten zu sprengen und damit den Weg <strong>für</strong> ein Miteinander in der<br />
Bildungspolitik frei zu machen.<br />
Die Welt erklärt man nicht an einem halben Tag<br />
Neben den Diskussionen um Begrifflichkeiten wie Ganztags- und Gesamtschule und<br />
deren Klärung 7 ist jedoch eines auf der Strecke geblieben, das in die Bildungsdiskussion<br />
hineinreklamiert werden muss. Es muss uns gleichermaßen um Unterrichtsinhalte wie um<br />
Organisationsformen von Schulen gehen. Jede Tendenz, das eine vom anderen loszulösen,<br />
muss fehlgehen. Denn man kann den Anforderungen, die Bildung, Wissenssammlung<br />
und -vernetzung in Zukunft an uns und unsere Kinder stellen nur dann gerecht werden,<br />
wenn man sich ihnen in einer Bildungsinstitution stellt, die so organisiert ist, dass in<br />
Räumlichkeiten 8 , zeitlichem Ablauf 9 und Lerngruppe 10 der optimale Lernerfolg in mög-<br />
lichst belebender Atmosphäre erzielt werden kann. Belebend und <strong>für</strong> das Leben notwen-<br />
dig ist ein Bereich, der die enge Verknüpfung von Bildungsbereichen und Organisations-<br />
form beispielhaft aufzeigt. Essen, Gesundheit, Körperbewusstsein sind Themen, die in der<br />
Schule heute nur in Randbereichen vorkommen. Erziehung zu gesunder Lebensführung<br />
wird somit von Gesundheitsexperten auch an Schulformen mit der Begründung festge-<br />
macht, eine Ganztagsschule mit einem gesunden Mittagessen sei allemal gesünder als<br />
Schulen heute, die bis 14 oder 15 Uhr dauern und in denen Kinder meist nur mit einem<br />
Schulbrot auskommen müssten. Kinder kämen müde nach Hause und dann stünden<br />
auch noch die Hausaufgaben auf dem Tagesplan. 11 Dass ein großer Bedarf nach ganztägi-