Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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Arbeitslosigkeit schwer belastete Land. Die Landwirte bangten um ihre Existenz, Besitzer<br />
von Ferienhäusern be<strong>für</strong>chteten, dass ihre friedliche Idylle an Seeufern durch vorlaute<br />
deutsche Nachbarn gestört werden könnte. „Von den vielen Schreckbildern waren nur die<br />
Be<strong>für</strong>chtungen der Landwirte berechtigt. Die Abgelegenheit Finnlands und die kalten Win-<br />
ter entmutigten die südeuropäischen Arbeitnehmer. Außerdem gab es nicht mehr deut-<br />
sche Touristen und Immobilienkäufer als früher. Unsere Kultur blüht und gedeiht, sie<br />
bewahrt ihre Eigenheiten, denn es gibt keine sogenannte gesamteuropäische Kultur, ledig-<br />
lich finnische, ungarische, französische, irische, spanische, griechische Kulturen.” 5 Bei der<br />
Volksabstimmung am 16. Oktober 1994 stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 74 %<br />
57 % <strong>für</strong> die Mitgliedschaft.<br />
Österreich, Finnland und Ungarn: gemeinsame Ängste, historische Ähnlichkeiten<br />
190<br />
Die Be<strong>für</strong>chtungen der Ungarn waren mit denen beinahe identisch. Unter der Bevöl-<br />
kerung machte sich die Angst vor dem Verlust der ungarischen Ackerböden, dem Ruin der<br />
Landwirte und der KMUs, dem Verlust der nationalen Souveränität bis zu einem bestimm-<br />
ten Grad, sowie vor der „Verwässerung” der ungarischen Kultur, breit. Hinter den gemein-<br />
samen Ängsten verbergen sich höchstwahrscheinlich historische Ähnlichkeiten zwischen<br />
den drei Nationen. Diese Aussage erscheint im österreichisch-ungarischen Hinblick viel-<br />
leicht nicht so sehr absurd, denn im Absolutismus der Habsburger-Zeit und der k.u.k.<br />
Monarchie haben wir – mal aus freien Stücken, mal aufgezwungen – gelernt, wie man<br />
zusammen lebt, und ähnliche Erfahrungen können auch ähnliche Ängste auslösen. Im<br />
finnisch-ungarischen Hinblick wäre es zu simpel, sich auf die Sprachverwandtschaft zu<br />
beziehen. Die verspätete Entwicklung der Gesellschaft und die periphäre Lage in beiden<br />
Ländern sind schon viel eher akzeptable Erklärungen.<br />
Rückblick in die ungarische Geschichte<br />
Einer der größten ungarischen Historiker, Jenõ Szũcs, schrieb vor etwa zwanzig Jah-<br />
ren, als er über die drei historischen Regionen Europas nachsann, dass Stalin höchstwahr-<br />
scheinlich die Geschichte des Ausbaus des Reichs von Karl dem Großen studiert habe, da<br />
er, d.h. Stalin beinahe dort die Grenze des sowjetischen Interessenbereichs, den späteren<br />
„Eisernen Vorhang”, zog (bei der Elbe und der Leitha), wo sich einst die Ostgrenze des<br />
karolingischen Imperiums befand. In der genannten Studie reflektierte der Autor auf István<br />
Bibós Auffassung der Geschichte, nach Meinung dessen die Geschichte der Ungarn im<br />
Karpathenbecken aus drei Epochen bestehe. In der Tat, die Ungarn haben seit der Krönung<br />
von Stephan I. – deren Millennium wir im Jahr 2000 feierten – bis auf 1526, die vernich-