Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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und der Gemeindeverfassungs-Novelle 1962 nachträglich geregelt. Die Bemühungen zur<br />
Schaffung eines Grundrechtskataloges sind dagegen erfolglos geblieben. Ähnliches gilt <strong>für</strong><br />
die Bundesstaatsreform und <strong>für</strong> die bisherigen Versuche einer formalen Bereinigung des<br />
Bundesverfassungsrechtes. Die Gründe <strong>für</strong> das Scheitern dieser Reformbemühungen sind<br />
unterschiedlich. Eine Rolle könnte der Umstand gespielt haben, dass diese Reformansätze<br />
über die Ebene der – politischen, beamteten und (rechts)wissenschaftlichen – Experten<br />
nicht hinaus gelangten und keine politischen (Reform-)Prozesse im eigentlichen Sinn bil-<br />
deten. Wie auch immer: Es ist ratsam, aus den – sei es auch: negativen – Erfahrungen mit<br />
diesen Reformversuchen zu lernen, um den Reformerfolg nunmehr zu sichern.<br />
3. Normieren, nicht deklarieren<br />
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Die österreichische Bundesverfassung ist im Wesentlichen eine Spielregelverfassung.<br />
Sie normiert die Organisation des Staates, die Aufgaben der Gebietskörperschaften und<br />
ihrer wichtigsten Organe, die Erzeugung der Rechtsnormen, die Kontrolle des Staatshan-<br />
delns und die Stellung des Einzelnen gegenüber dem Staat. Präambelhafte Deklarationen,<br />
Programmsätze und Zielbestimmungen ohne – bestimmten – normativen Gehalt sind ihr<br />
fremd. Und das ist gut so! Auch verfassungsrechtliche Regelungen sind Rechtsvorschrif-<br />
ten. Der legistische Grundsatz: „Lex iubeat, non doceat!“ gilt auch <strong>für</strong> sie. Verfassungs-<br />
rechtliche Bestimmungen ohne anordnenden – Rechte, Pflichten oder Ermächtigungen<br />
festlegenden – Charakter und ohne normative, letztlich „einklagbare“ Verbindlichkeit<br />
wecken Erwartungen, die nicht erfüllt werden. Damit verfehlen sie aber die ureigenste<br />
Aufgabe einer Rechtsnorm. Gerade bei Verfassungsreformen besteht die Gefahr, dass<br />
mangelnder Konsens im Grundsätzlichen deklarativ verbrämt wird. Derartige Bestimmun-<br />
gen schwächen aber die Funktion der Verfassung als rechtliche Basis des Staates.<br />
4. Auf das Wesentliche konzentrieren<br />
Verglichen mit den Verfassungen anderer Staaten wies die österreichische Bundes-<br />
verfassung von Beginn an einen hohen Grad an Detailliertheit auf. Signifikant da<strong>für</strong> sind<br />
etwa auch die Bestimmungen über die Länder und Gemeinden. Sie enthalten bundesver-<br />
fassungsgesetzliche Vorgaben, die weit über das hinausgehen, was diesbezüglich etwa im<br />
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder in der Verfassung der Schweizeri-<br />
schen Eidgenossenschaft – beides Verfassungen föderalistisch strukturierter Staaten – vor-<br />
gesehen ist. Dabei hat der Grad an Kasuistik im Laufe der Jahrzehnte des Bestandes der<br />
Bundesverfassung nahezu stetig zugenommen. Schon ein kursorischer Vergleich der<br />
Stammfassung mit der geltenden Fassung des B-VG macht das deutlich. Die Gründe da<strong>für</strong>