04.01.2013 Aufrufe

Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

zwischen den Völkern in den Hintergrund gedrängt und das allgemein Menschliche wird<br />

hervorgehoben. (…) Der deutsche Kulturbegriff betont dagegen die nationalen Unter-<br />

schiede, die Gruppeneigenschaften mit besonderer Kraft.” 3 Dieser Gegensatz begleitet<br />

kontinuierlich die ungarische Modernisierung: Die Be<strong>für</strong>worter der Progression (heute die<br />

Linksparteien und die Liberalen) halten vor allem die Zivilisation, die Übernahme westli-<br />

cher Patterns, <strong>für</strong> wichtig, indes diejenigen, die den Vorrang des Vaterlandes hervorheben<br />

(heute die Rechtsparteien und die Konservativen) meinen, in der Modernisierung die Ver-<br />

wässerung der ungarischen Kultur zu erblicken. Keinen Durchgang gab es zwischen den<br />

beiden Denkweisen im vorigen Jahrhundert.<br />

Verlust nationaler Werte und kultureller Identität?<br />

Ein ähnliches Dilemma wird heutzutage unter den Beitrittskandidaten im Zusam-<br />

menhang mit der Vorbereitungen auf den EU-Beitritt ersichtlich. Die Kroaten, Slowaken,<br />

Slowenen, Ungarn, usw. müssen die Frage beantworten, wie sie ihre eigene nationale<br />

Kultur vom Bildungssystem bis zum wissenschaftlichen und kulturellen Leben umzu-<br />

gestalten haben, um den Regelungen der Europäischen Union zu entsprechen. Ist also<br />

die Angst von vielen, dass der EU-Beitritt mit dem Verlust der nationalen Werte und der<br />

kulturellen Identität einhergeht, berechtigt? Es ist lohnenswert, den zentralen Themen<br />

der österreichischen und finnischen Kampagne aus 1994 und der ungarischen aus<br />

<strong>2003</strong> bzw. den darin formulierten Be<strong>für</strong>chtungen ein wenig Zeit zu widmen. Eines der<br />

heiklen Themen in Österreich war die Landwirtschaft, und im Genaueren der Verkauf<br />

und die damit verbundene „Entfremdung der österreichischen, nationalen Ackerböden”.<br />

Des weiteren wurde dem Umweltschutz, der Zukunft der KMUs, sowie der Angst vor<br />

der steigenden Arbeitslosenrate viel Aufmerksamkeit gewidmet. Be<strong>für</strong>chtet wurde – bis<br />

zu einem gewissen Grad – der Verlust der nationalen Souveränität, darunter der Ver-<br />

lust der Neutralität. Dieses Thema ist sogar heute noch eines der meistdiskutierten. Einen<br />

Großteil der Bevölkerung hat auch die Frage derjenigen Ausländer beschäftigt, die ihre<br />

Rechte als EU-Staatsbürger geltend machen und in Österreich Wohnsitz und Arbeit<br />

suchen. 4<br />

1994 gab es auch in Finnland zur Zeit der Volksabstimmung heiße Diskussionen.<br />

Von einem Vortrag des finnischen Botschafters <strong>für</strong> Ungarn in Szombathely konnten wir<br />

erfahren, dass auch dort Ängste davor, dass aufgrund der Gesetzesauslegung und der<br />

transnationalen Entscheidungskraft der Europäischen Union Finnland seine Unabhängig-<br />

keit verlieren könnte, laut wurden. Davon abgesehen wurde be<strong>für</strong>chtet, dass die europäi-<br />

sche Kultur den Lebensraum der finnischen Kultur nehmen könnte, bzw. dass das mehr-<br />

heitlich katholische Mitteleuropa die evangelischen Traditionen demolieren würde. Auch<br />

der Gedanke an eine Überschwemmung von Arbeitskräften aus Südeuropa sorgte das von<br />

189

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!