04.01.2013 Aufrufe

Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gedanken zur Zukunft Europas Roman Herzog<br />

Die Anhänger der europäischen Integration haben zu Ende des Jahres <strong>2003</strong> eine<br />

bedenkliche Überraschung erlebt, nämlich das Scheitern der Verhandlungen über eine<br />

Verfassung der Europäischen Union, und zudem besteht da und dort eine tiefe Unzufrie-<br />

denheit mit der inneren Entwicklung der EU, die nicht von vornherein unberechtigt<br />

erscheint – man denke nur an die Miseren mit dem Agrarmarkt, der fast ungebremsten<br />

Produktion neuer Rechtsvorschriften, der inneren Verbürokratisierung und der damit ver-<br />

bundenen Korruptionsanfälligkeit des Brüsseler Apparates.<br />

Dennoch: Wenn man sich ernsthaft mit der Zukunft Europas, ja selbst nur mit der<br />

Zukunft der EU befassen will, muss der Blick weiter gehen. Nicht nur <strong>für</strong> die einzelnen<br />

europäischen Staaten, sondern ebenso <strong>für</strong> den ganzen Wurmfortsatz am eurasischen<br />

Kontinent, den man als Europa bezeichnet, ist immer noch ihre internationale Stellung,<br />

d.h. ihre Stellung im weltpolitischen Rahmen entscheidend. Man mag über wirtschaftliche<br />

Probleme und missglückte Reformen im Innenleben solcher Größen noch so angelegent-<br />

lich lamentieren, davon hängt die Zukunft doch stets nur in Graden ab. Wenn Europa aber<br />

in der Welt überhaupt nichts mehr bedeutet und wenn es sich in der Welt überhaupt nicht<br />

mehr behaupten kann, dann wird es auch überhaupt keine Zukunft mehr haben. Mag es<br />

auch oft nicht gesehen und noch öfter sogar bestritten werden – die Zukunft der <strong>Politik</strong><br />

heißt heute mehr denn je Außenpolitik. Außenpolitik allerdings im europäischen und nicht<br />

mehr im nationalstaatlichen Rahmen.<br />

Globalisierung und Regionalisierung<br />

Wer sich mit europäischer Außenpolitik befassen wollte, hatte es bis vor kurzer Zeit<br />

verhältnismäßig leicht. Erstens gab es eine solche Außenpolitik noch nicht einmal in<br />

Ansätzen, und zweitens lebten die Europäer in einer einfach strukturierten und daher<br />

leicht zu verstehenden Umwelt. Auf der nördlichen Erdhalbkugel standen sich zwei scharf<br />

voneinander abgegrenzte politische Blöcke gegenüber und diese beiden waren zusam-<br />

men einer „Dritten Welt“ konfrontiert, die, wenn auch mit einigen Ausnahmen, in großer<br />

Armut lebte und daher als hochgradig „entwicklungsbedürftig“ galt. Die Probleme, die<br />

damit angesprochen waren, waren gewaltig und sind es bis heute geblieben. Im Ganzen<br />

war der Zustand der Welt aber leicht zu überschauen, weil er den Anschein bot, als sei er<br />

durch Begriffe wie „Westen“, „Osten“ und „Dritte Welt“ hinreichend klar – und mit Aus-<br />

sicht auf weiterführende Erkenntnisse – beschrieben.<br />

Seit fast anderthalb Jahrzehnten gilt das nun allerdings nicht mehr. Die Länder des<br />

ehemals sozialistischen Lagers sind frei geworden und ringen um demokratische wie auch<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!