Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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von Reformen, kritisierte aber ihr Tempo. Dem hielt der Bundeskanzler entgegen, dass<br />
manche, die das Tempo kritisierten in Wahrheit meinten, es solle keine Reformen geben.<br />
Persönlich führte der Bundeskanzler aus: „Gerade jene, die permanent den Dialog einmah-<br />
nen oder immer wieder meinen, das Tempo sei zu hoch, lade ich ein, darüber nachzudenken,<br />
ob es ihnen in Wirklichkeit nicht eher um die Inhalte, um die Verweigerung der notwendigen<br />
Reformen geht, die sie eigentlich ablehnen. Und manchmal kann ich mich des Eindrucks<br />
nicht erwehren, dass hinter diesen Bedenken oft die Angst davor steckt, einfach der Wahrheit<br />
ins Gesicht zu blicken, zu sagen, was notwendig ist. Blicken wir über unsere Grenzen hinaus<br />
nach Deutschland, nach Holland, in die Schweiz oder nach Italien: Niemand kann sich den<br />
Entwicklungen der Demographie, einer alternden Gesellschaft, der Generationenfrage oder<br />
der Finanzierbarkeit der Gesundheitssysteme entziehen. Und was das Zögern und Zaudern vor<br />
Reformschritten bedeuten kann, sehen wir deutlich an Ländern, die schmerzhafte Lohn- oder<br />
gar Pension-Stopps zur Sanierung der plötzlich leeren Kassen beschließen müssen. Wir haben<br />
es anders gemacht hier in Österreich, behutsamer, vorausschauender...“.<br />
Beseitigung des Reformstaus<br />
22<br />
Es ist damit auch das Dilemma angesprochen, dass die breite Mehrheit der Bevölke-<br />
rung zwar grundsätzlich die Notwendigkeit der Reformen erkennt, aber der Einzelne von<br />
konkreten in Besitzstände eingreifenden Maßnahmen verschont bleiben will. Dabei ist<br />
bewusst, dass die Reformerfordernisse zur Absicherung des Sozialstaats ein europaweiter,<br />
vor allem auch demografisch bedingter Trend sind – nicht nur beim deutschen Nachbarn,<br />
sondern auch in den skandinavischen Ländern und den Mittelmeerländern. Und es ist<br />
weiters bewusst, dass ein Reformstau, wie es ihn auch hierzulande vor 2000 gegeben hat,<br />
die Probleme nur verschärft und schmerzhafter macht. Nicht zuletzt durch diese Diskre-<br />
panz von objektiver Erkenntnis und subjektiver Befindlichkeit und aufgrund einer vor allem<br />
auch wegen der Instabilität der FPÖ schlechten Kommunikation der Veränderungserforder-<br />
nisse hat die Regierungskoalition im Spätfrühjahr <strong>2003</strong> zumindest in den Umfragen ihre<br />
strategische Mehrheit gegenüber rot-grün verloren, die bei Nationalratswahlen seit 1983<br />
immer bestanden hat. Wie sich das in einer tatsächlichen Wahlsituation niederschlägt,<br />
muss offen bleiben, wie die Monate vor der Nationalratswahl 2002 mit der Zuspitzung auf<br />
die Kanzlerfrage zeigten. Außerdem war ab Mitte Oktober <strong>2003</strong> – nach der erfolgten Neu-<br />
formierung der FPÖ-Spitze nach den Wahldebakeln bei den Landtagswahlen vom 28. Sep-<br />
tember in Oberösterreich und Tirol – eine gewisse Stabilisierung mit kleinem Aufwärtstrend<br />
sichtbar. Die Weichenstellungen hie<strong>für</strong> erfolgten übrigens in einem Koalitionsspitzenge-<br />
spräch unter Patronanz von Landeshauptmann Waltraud Klasnic im steirischen Kitzeck.<br />
In einem Resümee über die politische Meinungsforschung des Jahres <strong>2003</strong> durch<br />
das renommierte Institut OGM (Leiter Mag. Wolfgang Bachmayer) heißt es in der Austria