Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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16 Eine diskutierte Alternative war, den Österreich-Konvent als Parlamentarische Enquete-Kommission gemäß § 98 der<br />
Geschäftsordnung des Nationalrats zu institutionalisieren, was den Vorteil des erleichterten Zuganges zu Räumlichkei-<br />
ten, Hilfspersonal etc. gehabt hätte. Dagegen gab es jedoch Widerstände der Länder, die die Verfassungsdiskussion<br />
nicht auf „Bundesboden“ durchführen wollten. Vgl. in diesem Sinne Andreas KHOL/Christoph KONRATH: Der Öster-<br />
reich-Konvent. Ein Beitrag zum Wandel von Verfassungspolitik in Österreich, in: Hedwig KOPETZ/Joseph MARKO/<br />
Klaus POIER (Hg.): Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat. Phänomene politischer Transformation, Wien/Köln/<br />
Graz 2004 (in Druck).<br />
17 Alle wesentlichen Dokumente des Österreich-Konvents – so auch die Erklärung des Gründungskomitees, Hintergrund-<br />
informationen, eine Aufstellung über die Mitglieder, die Geschäftsordnung, Protokolle, Ausschussberichte etc. – finden<br />
sich in transparenter Weise auf der Homepage des Österreich-Konvents: http://www.konvent.gv.at.<br />
18 In der Lehre und Judikatur gibt es keine einhellige Meinung darüber, wie viele Grundprinzipien und Baugesetze die<br />
österreichische Bundesverfassung kennt. Zumeist wird allerdings von fünf Baugesetzen gesprochen. Dass das sonst<br />
zumeist auch eigens angeführte gewaltentrennende Prinzip vom Gründungskomitee nicht ausdrücklich genannt<br />
wurde, dürfte wohl keine tiefergehende Bedeutung haben. Man kann dieses Prinzip auch als im rechtsstaatlichen<br />
Prinzip enthalten ansehen. – Vgl. zu den Baugesetzen der österreichischen Bundesverfassung etwa Ludwig ADAMO-<br />
VICH/Bernd-Christian FUNK/Gerhart HOLZINGER: Österreichisches Staatsrecht. Band 1: Grundlagen, Wien/New York<br />
1997, RZ 10.001 ff.<br />
19 Freilich ist damit nicht gesagt, dass Baugesetze nicht verändert werden könnten, nur der Vorschlag einer Beseitigung<br />
eines Baugesetzes seitens des Österreich-Konvents ist nach den Vorgaben des Gründungskomitees unzulässig.<br />
20 Offensichtlich ist, dass ein Ausscheiden aus einer Funktion, mit der ein Sitz im Österreich-Konvent unmittelbar ver-<br />
bunden ist – wie etwa im Falle der Präsidenten der Höchstgerichte –, auch ein Ausscheiden aus dem Österreich-Kon-<br />
vent bedeutet. Unklar ist hingegen – es fehlt eine ausdrückliche Regelung in der Erklärung des Gründungskomitees<br />
wie auch in der Geschäftsordnung des Österreich-Konvents –, ob in den Österreich-Konvent nominierte Personen von<br />
den Nominierungsberechtigten abberufen bzw. ersetzt werden können. Für ein derartiges Abberufungsrecht spricht<br />
das Prinzip der Zusammensetzung des Konvents, die politischen Machtträger im Konvent zu versammeln. Verliert ein<br />
nominiertes Mitglied das Vertrauen eines solchen politischen Machtträgers, wäre es in diesem Sinne einsichtig, Letz-<br />
terem ein Abberufungsrecht zuzugestehen. Auch die Praxis im Österreich-Konvent geht offensichtlich – wie es auch<br />
beim Europäischen Konvent der Fall war – von einem Abberufungsrecht aus. So wurden zwei ursprüngliche Mitglieder<br />
des Österreich-Konvents bereits in der Anfangsphase durch eine Mitteilung der jeweiligen nominierungsberechtigten<br />
Institution ersetzt: seitens der Industriellenvereinigung Lorenz Fritz durch Günter Voith (wobei in diesem Fall aller-<br />
dings den Brief Lorenz Fritz als Generalsekretär der Industriellenvereinigung selbst gezeichnet hat) und seitens der<br />
FPÖ Günther Steinkellner durch Dieter Egger.<br />
Ebenso nicht ausdrücklich geklärt ist, was bei einem Wechsel in Funktionen zu geschehen hat, mit denen ein<br />
Nominierungsrecht in den Österreich-Konvent verbunden war/ist. Geht man wie die Praxis von einem grundsätzlichen<br />
Abberufungsrecht seitens der nominierungsberechtigten Institutionen/Personen aus, so würde daher etwa bei dem<br />
vermutlich bevorstehenden Landeshauptmannwechsel in Salzburg automatisch das Nominierungsrecht an den neuen<br />
Landeshauptmann übergehen, der den Sitz im Österreich-Konvent von da an selbst einnehmen (wie derzeit Franz<br />
Schausberger) oder eine andere Person nominieren könnte. Da<strong>für</strong> spricht wiederum, dass es das Prinzip der Zusam-<br />
mensetzung des Konvents war, die politischen Machtverhältnisse widerzuspiegeln. Ändern sich diese Machtverhält-<br />
nisse, ist in diesem Sinne auch die Zusammensetzung des Konvents zu ändern.<br />
Freilich gilt es zu bedenken, dass ein solches Abberufungsrecht – das in der Praxis bisher allerdings ohnedies nur<br />
im Einvernehmen mit den Betroffenen und daher konfliktfrei ausgeübt wurde – das Prinzip des freien Mandats ein-<br />
schränkt. Das Prinzip des freien Mandats, das zwar ebenso nicht ausdrücklich verankert ist, aber grundsätzlich wohl aus<br />
systematischen Gründen angenommen werden kann, spräche gegen ein Abberufungsrecht. In einem Konfliktfall wird es<br />
jedenfalls darauf ankommen, dass den Prinzipien des Konvents entsprechend ein breiter Konsens erzielt würde.<br />
21 Angela Orthner, Landtagspräsidentin von Oberösterreich, wurde als Präsidiumsmitglied insofern auf das „Kontingent“<br />
der Bundesländer angerechnet.<br />
22 Diese Nominierung erfolgte derart, dass von der ÖVP und der SPÖ jeweils sechs Mitglieder sowie von der FPÖ und den<br />
Grünen jeweils drei Mitglieder des Konvents nominiert wurden.<br />
23 Auch hier kam es freilich zu einem „Parteienproporz“ im Präsidium: Vier Virilisten wurden von der SPÖ aus der Liste<br />
des Gründungskomitees nominiert, drei von der ÖVP und jeweils einer von der FPÖ und den Grünen. Dieser Auftei-<br />
lungsschlüssel ist freilich inoffiziell und ergibt sich bloß aufgrund der jeweiligen Fraktionsnähe der Virilisten.<br />
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