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Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei

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Grüß Gott, Europa! Péter Markó<br />

In meinen Händen halte ich die Weihnachtsgrußkarte von der Frau Landeshaupt-<br />

mann der Steiermark. Darauf sehe ich neben den freundlichen Worten die Fahnen der<br />

Nachbarländer des Bundeslandes als eine Art Weichnachtsschmuck und die Erklärung<br />

der Metapher der „EU-Zukunftsregion”. Die Steiermark erwartet uns, und sieht seine alten<br />

Nachbarn als neue Partner im gemeinsamen Europa der Zukunft. Wir hören auch, dass<br />

sich die Steiermark und das Burgenland – und wahrscheinlich auch andere Bundesländer<br />

– eifrig vorbereiten, die Aufnahme der zehn Kandidatenländer am 1. Mai 2004 zu feiern.<br />

Wie ist es dann möglich, dass in Ungarn keine ähnliche Begeisterung zu erkennen ist?<br />

Liegt die Erklärung etwa im ambivalenten Verhalten einzelner Parteien oder hat das Ban-<br />

gen tiefere Beweggründe? Am 12. April <strong>2003</strong> haben 83 % der Teilnehmer bei der Volksab-<br />

stimmung <strong>für</strong> den Beitritt votiert, womit sie ihre positive Haltung der EU gegenüber deut-<br />

lich gemacht haben. Überdenken müssen wir aber folgendes: Warum haben nur 45 % der<br />

Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben? Ich möchte hier kurz daran erinnern, dass bei<br />

der Volksabstimmung in Österreich 82,35 % der Wahlberechtigten, also zwei Drittel der<br />

Staatsbürger und Staatsbürgerinnen den EU-Beitritt Österreichs mit einem eindeutigen<br />

„Ja” bekräftigten. 1 Hängt all dies von einer guten oder schlechten Kommunikation oder<br />

der Skepsis einzelner bestimmender Parteien ab? Ich bin der Überzeugung, dass diese<br />

Skepsis tiefere gesellschaftshistorische und sozialpsychologische Gründe hat. Wir müssen<br />

über dieses skeptische Verhalten und Bangen seitens der ungarischen Bevölkerung offen<br />

sprechen, denn nur auf diesem Wege haben wir die Chance, spätere Missverständnisse zu<br />

vermeiden, und nur so können die Nachbarn auf beiden Seiten des ehemaligen „Eisernen<br />

Vorhangs”, die neuen Partner der Zukunft, einander besser kennenlernen.<br />

Kommunikation als wesentlicher Faktor<br />

Wie es der berühmte ungarische Dichter, Attila József, im ersten Drittel des letzten<br />

Jahrhunderts treffend formulierte: „Vergebens badest du’s in dir selbst / nur im Andern<br />

wäschst du dein Angesicht.” Jürgen Habermas betont unter anderem auch, dass Europa<br />

als politische Entität (Gemeinschaft) nur dann lebensfähig ist, wenn seine Bürgerinnen<br />

und Bürger ein gemeinsames, politisches Identitätsbewusstsein und eine Öffentlichkeit<br />

schaffen. Seiner Meinung nach kann eine politische Identität nur in einer politischen<br />

Gemeinschaft existieren. Die Voraussetzung <strong>für</strong> die Gemeinschaft ist aber die ständige<br />

Kommunikation. Auch in seinem früheren, großen, zusammenfassenden Werk mit dem<br />

Titel „Die Theorie des kommunikativen Handelns” schreibt Habermas – noch zur Zeit des<br />

„Eisernen Vorhangs” –, dass in den modernen europäischen Gesellschaften neben dem<br />

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