Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
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marktwirtschaftliche Reformen, und die meisten Länder der „Dritten Welt“ sind auf dem<br />
gleichen Wege, zum Teil aus neuen, realistischeren Überlegungen, zum Teil aber auch nur<br />
deshalb, weil ihnen mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion jene Macht abhanden<br />
gekommen ist, an die sie sich bisher lieber anlehnen wollten als an den Westen.<br />
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Folge dieser Entwicklung ist eine Welt, in der es zwar nach wie vor riesige Probleme,<br />
ja Katastrophen gibt, in der aber sowohl das freiheitlich-demokratische als auch das<br />
marktwirtschaftliche Denken Riesensprünge nach vor gemacht haben. Zumindest auf den<br />
ersten Blick haben sich die Staaten der Welt stark aneinander angeglichen, und das Stich-<br />
wort, mit dem das am deutlichsten ausgedrückt wird, heißt „Globalisierung“.<br />
Das ist allerdings ein schillernder Begriff, der Verschiedenstes in sich zusammen fasst<br />
und schon deshalb nicht unumstritten sein kann. Natürlich steht bei seiner Bewertung<br />
ebenso wie bei seiner Definition die wirtschaftliche Seite im Vordergrund. In dieser Bezie-<br />
hung bedeutet Globalisierung die Weiterentwicklung der Weltwirtschaft nach marktwirt-<br />
schaftlichen Regeln, als da sind freie Entscheidung der Nationalökonomien und der einzel-<br />
nen Unternehmen über ihre Produktion und ihren Handel, freie Preisbildung auf weltweiten<br />
Märkten, freier Austausch und freie Konvertibilität der Währungen; darüber hinaus weltwei-<br />
ter Wettbewerb, weltweite Arbeitsteilung, weltweite Produktions- und Entwicklungsprozesse<br />
und selbstverständlich auch weltweite Konzentrationen und Kooperationen.<br />
Alles das ist durchaus nicht eindeutig zu beurteilen. Wirtschaftlich birgt die Globali-<br />
sierung – entgegen verbreiteter Annahme – erhebliche Chancen in sich, auch <strong>für</strong> die<br />
schwächeren, weniger entwickelten Ökonomien. Gefahren sind aber ebenfalls nicht von<br />
der Hand zu weisen, besonders die Gefahr ungleicher Verteilung der Vorteile und damit<br />
die Gefahr weltweiter Konflikte. Darauf wird noch zurück zu kommen sein.<br />
Zuvor muss aber eine ganz andere, geistige Problematik zur Sprache kommen, die<br />
eng mit der Globalisierung, ja eigentlich schon mit ihren kolonialen Vorstufen zusammen<br />
hängt.<br />
Die wirtschaftliche Entwicklung, von der hier die Rede war, hat nämlich fast zwangs-<br />
läufig auch Konsequenzen <strong>für</strong> das Zusammenleben, ja <strong>für</strong> die Gefühls- und Gedankenwelt<br />
der an der Globalisierung beteiligten Menschen. Die ökonomisch schwächeren Völker wer-<br />
den mit wesentlichen, vor allem amerikanischen Denk- und Verhaltensweisen konfrontiert,<br />
die westliche Form des Produzierens ruft Schritt <strong>für</strong> Schritt auch Folgen <strong>für</strong> ihr gesell-<br />
schaftliches Leben hervor. Naturwissenschaft und Technik, ohnehin nach weltweit gültigen<br />
Regeln und Gesetzen lebend, treten immer mehr in den Vordergrund. Und die modernen<br />
Massenmedien, von den allermodernsten Informationstechniken gänzlich abgesehen, tun<br />
noch das Ihrige dazu.<br />
Völker, die solchen Egalisierungskräften ausgesetzt sind, mögen darauf durchaus<br />
unterschiedlich reagieren. Dass viele von ihnen zutiefst irritiert sind, ja dass sie sich sogar<br />
in ihrer kulturellen Identität gefährdet fühlen, darf aber niemand überraschen und hat – je<br />
länger desto besser – natürlich auch seine politischen Folgen.