Probleme mit deutschen Modalverben - OPUS Bayreuth - Universität ...
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Akzeptabel wäre eine Umschreibung der Äußerung in (4) im Aktiv z.B. in folgender<br />
Form: Er hat vor, die Beförderung noch dieses Jahr zu bekommen.<br />
In der nächsten Version widersprechen sich die futurische Temporalangabe dieses Jahr<br />
noch und das durch die Struktur sein <strong>mit</strong> Partizip II gebildete Zustandspassiv:<br />
− Er ist dieses Jahr noch befördert.<br />
Außer, dass das Zustandspassiv wegen der äußeren Form leicht <strong>mit</strong> anderen<br />
Konstruktionen z.B. <strong>mit</strong> dem prädikativen Adjektiv verwechselt werden kann, wird<br />
durch befördern ein Prozess bzw. ein Vorgang <strong>mit</strong>geteilt. Diese Hauptbedingung zur<br />
Bildung des Zustandspassivs ist nicht erfüllt, und da<strong>mit</strong> muss die Konstruktion der<br />
Probandin als falsch angesehen werden.<br />
Bei der Analyse der nächsten Umformung des Satzes ist es schwer festzustellen, welche<br />
Fehlertypen vorliegen:<br />
− Er wird dieses Jahr befördern.<br />
Betrachtet man die vom Au-pair angebotene Interpretation als grammatisch korrekt, ist<br />
die Umwandlung ins Aktiv inhaltlich falsch. Das Subjekt er des Passivsatzes müsste<br />
zum Akkusativobjekt ihn des Aktivsatzes transformiert werden Man befördert ihn<br />
dieses Jahr. Wenn man annimmt, dass das Vorgangspassiv gebildet werden sollte, ist<br />
das 2. Partizip falsch konjugiert. Die richtige Struktur wäre Er wird dieses Jahr<br />
befördert. Dies kann jedoch nicht als eine sinngemäße Umformulierung für (4)<br />
betrachtet werden, weil die modale Bedeutung von wollen nicht übertragen wurde.<br />
Ein starker Bedeutungsunterschied entsteht durch die Übertragung von wollen in (4)<br />
durch Wille haben:<br />
− Er hat Wille […]<br />
Durch das Modalverb wollen in Beispiel (4) wird eine Absicht zum Ausdruck gebracht.<br />
Die Thematik der unterschiedlichen Bedeutungsschattierungen bei nicht-epistemischer<br />
Verwendung der <strong>Modalverben</strong> wurde in Kapitel 2.2.2.1 hervorgehoben. Beispiel (4)<br />
ermöglicht nun, die Schattierungsunterschiede bei einem Modalverb (hier: wollen)<br />
bezogen auf Tabelle 3 genauer zu untersuchen. Während sich – je nach der<br />
Kommunikationssituation – die semantische Nuancierung des Modalverbs ändert,<br />
ändert sich auch die Konnotation des Satzes. Das Substantiv Wille äußert zwar eine<br />
Absicht, ist jedoch nicht bedeutungsäquivalent zu wollen im Kontext Er will dieses Jahr<br />
noch befördert werden. Der Unterschied bei Er hat Wille befördert zu werden besteht in<br />
der psychischen Fähigkeit bzw. Kraft, die Beförderung zu bekommen.<br />
Analog verhält es sich bei der weiter oben angeführten Umformulierung von wollen<br />
durch Lust haben. Diese Konstruktion gilt zwar als eine der Entsprechungen von wollen,<br />
ist jedoch auf die innere, emotionale Bedeutung eingeschränkt. Lust auf eine<br />
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