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Probleme mit deutschen Modalverben - OPUS Bayreuth - Universität ...

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ausgeschlossen war. Der Probandin war auch die Ersetzbarkeit von nicht müssen und<br />

nicht brauchen bekannt, so dass sie letztlich den falschen Schluss der Ersetzbarkeit von<br />

sollen durch brauchen gezogen hat.<br />

Ein weiteres Verständigungsproblem bereitet der Einsatz von wollen zur Wiedergabe<br />

einer fremden Behauptung. Zum Vergleich:<br />

(9) Er will mich nicht gesehen haben.<br />

Die von den Probandinnen angebotenen Versionen interpretieren wollen in (9) durch<br />

wünschen oder Lust haben fälschlicherweise nicht-epistemisch:<br />

− Er wünscht mich nicht zu sehen.<br />

− Er hatte keine Lust mich zu sehen.<br />

Zum einen handelt es sich um fehlende Kenntnisse deutsch-russischer<br />

<strong>Modalverben</strong>tsprechungen. Das Modalverb wollen wird aus dem russischen Modalverb<br />

хотеть heraus durch wünschen oder Lust haben wiedergegeben, ohne zu<br />

berücksichtigen, dass хотеть im Unterschied zu wollen ausschließlich nicht-epistemisch<br />

verwendet wird (vgl. Kap. 2.2.2). Zum anderen wurde die Modalklammerstruktur nicht<br />

erkannt, die auf die epistemische Verwendung von wollen hinweist.<br />

Die Perfektform von wollen im nicht-epistemischen Gebrauch würde durch die<br />

Verbalklammer <strong>mit</strong> dem finiten Hilfsverb haben als Vorverb und dem Infinitiv sehen <strong>mit</strong><br />

wollen als Nachverb gebildet: Er hat mich nicht sehen wollen. Man beachte die<br />

Verwendung des Infinitivs wollen statt des Partizips gewollt, obwohl es sich um das<br />

Perfekt handelt. Diese Perfektform bei der Verwendung als Modal- und nicht als<br />

Vollverb wurde im Theorieteil (vgl. Kap. 2.2.1) erläutert. In diesem Fall wären die von<br />

den Probandinnen angebotenen Versionen als korrekt anzusehen. Diese Überlegungen<br />

demonstrieren anschaulich, dass Klammerstrukturen <strong>mit</strong> <strong>Modalverben</strong> nicht nur auf<br />

den grammatischen Bereich eingeschränkt sind, sondern den semantischen Inhalt einer<br />

Äußerung verändern können. Fehler in diesem Bereich fallen in die semantisch-<br />

syntaktische Kategorie.<br />

Bei der Kontrollgruppe der <strong>deutschen</strong> Studenten (vgl. dazu die Einführung in Kapitel<br />

3.1) wurde die Fragestellung bei der Konfrontation <strong>mit</strong> Satz (9) dahingehend erweitert,<br />

welche unterschiedliche Rolle der Sprecherbezug bei wollen und bei sollen spielt.<br />

Um diese Fragen zu beantworten, kann auf die Ergebnisse der empirischen<br />

Untersuchungen anhand russisch sprechender Probandinnen nicht zurückgegriffen<br />

werden, denn es handelt sich um eine Gruppe von Nicht-Muttersprachlern, deren<br />

intuitives Sprachgefühl sehr vage ist. In der Tat hatten die Probandinnen<br />

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