Kompetenzentwicklung in Start-up-Unternehmen - ABWF

Auf dieser Stufe der Entwicklung kommt es leicht zu Erwartungsenttäuschungen,
etwa wenn die Jobzufriedenheit bei den Mitarbeitern gering und/oder die
Leistung nicht erbracht ist. Dann trennt man sich relativ schnell voneinander,
was insbesondere aus dem Vertrieb berichtet wurde. Diese schnelle (freiwillige
oder unfreiwillige) Trennung im Fall der (wechselseitigen oder einseitigen)
Erwartungsenttäuschung verhindert die Chronifizierung von „Familienneurosen“,
d. h. von Phänomenen von Dauerunzufriedenheit oder Demotivation, die
in Großbetrieben mit starker Sicherheitsorientierung der Belegschaften und erschwerter
Kündbarkeit so häufig geworden sind. 25 Nicht allen Gründer(inne)n
gelingt diese Wende hin zum Aufbau routinisierter Strukturen und zur ressourcenorientierten
Betriebsführung. Einige wollen lieber, dass ihr Unternehmen
klein bleibt und nicht wächst, um ihren persönlichen Stil nicht vergewaltigen zu
müssen. Andere suchen qualifizierte Manager, die genau an diesem Punkt eine
Ergänzung ihrer eigenen Kompetenzen durch den Stil des „Business Administrators“
eher verkörpern.
Wenn es darum geht, nicht nur lokale Nachfrage effizient zu bedienen, sondern
echte Innovationen „großflächig auszurollen“, ist der Druck in Richtung einer
ressourcenorientierten Betriebsführung und eines strikten Controlling sowie
einer projekt- und kundenbezogenen Deckungsbeitragsrechnung noch stärker.
Für die Entrepreneurs hieße das, dass sie einen großen Teil ihrer kreativen
Kompetenzen wieder vergessen und völlig neue (z. B. Projektmanagement) herausbilden
müssten; denn: „Nur an der Routine verdienen sie“, meint einer unserer
Gründungsexperten. Dieser Routinisierungszwang betrifft aber auch den
Kommunikationsstil nach innen und außen, also gerade das wichtigste Vehikel,
über das Kompetenzen im Prozess der Arbeit vermittelt werden. Darunter kann
dann auch die Kompetenzentwicklung im Team leiden. Auch ist fraglich, ob
und wie sich die Entrepreneurs so rasch auf einen neuen Führungsstil umstellen
können.
Allerdings zeigen unsere Ergebnisse, dass besonders erfolgreiche Unternehmen
in dieser Phase der Strukturbildung und Routinisierung ihre Kreativität nicht „abwürgen“
müssen. Oft gelingt ihnen eine Synthese aus Routinisierung und Kreativität.
Gerade in kritischen Situationen kann auch die (Über-)Betonung der Routine
gefährlich sein.
So zeigen die Antworten auf die Frage: „Was hat Vorrang in kritischen Situationen:
Freiraum schaffen für Ideen – oder Aufrechterhaltung der Geschäftsroutinen?“,
25 Siehe die Ergebnisse der Gallup-Studie vom Januar 2004, die für Deutschland auf einen Anteil von
70 Prozent demotivierter Arbeitnehmer kommt; http://www.presseportal.de/story.tx?nr=521796.
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