Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Schelsky nach wie vor Bezugspunkt jugendhistorischer Arbeiten sei <strong>und</strong> warnt dass “Schelskys<br />
Studie ist für ein vertieftes Verständnis der Nachkriegszeit nur mit großer Vorsicht zu benutzen“<br />
sei. Insbesondere die „geschlossene Generationengestalt“ <strong>und</strong> das „unbrauchbare Pauschalurteil<br />
von einer unpolitischen Jugend“ seien problematisch. Kersting (2002, 471) stützt diese Deutung<br />
der „Einfärbung von Schelsky Idealtypus durch eigene Biographie <strong>und</strong> Erfahrung“, weißt aber daraufhin,<br />
dass „Deutungen“ der Generation, die ihrerseits stark zeit-, generations- <strong>und</strong> standpunktgeb<strong>und</strong>en<br />
seien. Auch in dieser Arbeit hat Schelsky den Stellenwert eines Bezugspunktes, der durch<br />
die in der vorliegenden Literatur (Jaide 1988, 58; Moses 2000, 238; Kersting 2002, 471) hervorgehobene<br />
Übereinstimmung in wesentlichen Punkten von Schelsyks Deskription <strong>und</strong> Diagnose mit<br />
anderen Zeitdiagnostikern <strong>und</strong> das die Kurzbeschreibung des „Ende der Ideologie, Fehlen von Idealismus“,<br />
von sehr heterogenen Autoren unterstützt wurde, begründet werden kann. Moses (2000,<br />
238) verweist auf geteilte Beschreibung von politischer Apathie der Generation von Mitschlich <strong>und</strong><br />
Mitscherlich (1968) die durch psychischen Immobilismus ergänzt wird <strong>und</strong> die einen andere Deutung<br />
als Symptom individueller <strong>und</strong> kollektiver seelischer Störung anbieten.<br />
Auch hier wird Schelsky als Bezugspunkt verwendet, wobei Bolls Warnung vor einer unkritischen<br />
Übernahme von Schelskys Beschreibung <strong>und</strong> Interpretation wird durch zwei Punkte Rechnung<br />
getragen. Zunächst wird die Beschreibung als einheitliche Generationengestalt einer skeptischen<br />
Generation als eine von verschiedenen Deutungen dieser Generation verstanden. Auch erscheint es<br />
sinnvoll, die Muster der Verarbeitung der Erfahrung Nationalsozialismus, des Krieges <strong>und</strong> des<br />
Kriegsende in die Analyse einzubeziehen. Hier wird vor allem auf jüngere Autoren zurückgegriffen,<br />
die in einem geringeren Maß involviert sind. Dann sollte der Kritik an der Diagnose als unpolitische<br />
Generation durch eine Validierung Rechnung getragen werden, die den Grad des politischen Interesses<br />
<strong>und</strong> der politischen Involvierung in der Langzeitperspektive betrachtet. Als ergänzender<br />
Aspekt stellt sich die Frage, welche Muster, die darauf folgenden politischen Generationen aufweisen.<br />
7.2.6 Erfahrung <strong>und</strong> Verarbeitung des Nationalsozialismus als Rahmenbedingungen<br />
der politischen Sozialisation<br />
Während Schelsky die konkreten Erfahrungen des Nationalsozialismus <strong>und</strong> der Nachkriegszeit<br />
analytisch ausklammert <strong>und</strong> sich auf die Unsicherheits- <strong>und</strong> Mangelerfahrungen als <strong>und</strong>ifferenzierte<br />
ideologische <strong>und</strong> materielle Makrobedingung beschränkt wird dies in der Oral History <strong>und</strong> der<br />
Biographieforschung der späten 1980er Jahre zu einem wichtigen Thema (vgl. auch Bude 1992).<br />
Die Frage, wie sich die Sozialisation im Nationalsozialismus gestaltete, welchen Einflussfaktoren<br />
von Bedeutung waren <strong>und</strong> welche Effekte die Sozialisationseinflüsse nach dem Ende des Krieges<br />
<strong>und</strong> des Nationalsozialismus haben wurde, ausführlich bearbeitet. In der primär mit der Methode<br />
des narrativen Interviews arbeitenden Arbeiten repräsentiert „jeder Lebenslauf … einen möglichen<br />
Umgang mit gesellschaftlicher Wirklichkeit, repräsentiert eine Antwort auf die gesellschaftlichhistorische<br />
Situation“ (Rosenthal 1987, 315, Hervorhebungen im Original). Zur Erschließung dieser<br />
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