Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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vation voraussetzen, ist die Beteiligung an einer Wahl ein einmaliger Akt mit geringem Zeitaufwand.<br />
Zudem ist die Wahlteilnahme in weiten Teilen Bevölkerung eine Handlung, die einer sozialen<br />
Erwartungshaltung entspricht.<br />
Wahlen haben Einfluss auf die öffentliche Kommunikation über <strong>und</strong> die Auseinandersetzung einer<br />
Gesellschaft mit Politik. Das in der Regel in größeren Abständen periodisch wiederkehrende Moment<br />
der individuellen politischen Präferenzbek<strong>und</strong>ung unterscheidet sich deutlich von Phasen<br />
ohne bevorstehende Wahl. Die kollektive Aufmerksamkeit ist durch das kommunikative Setting von<br />
politischen Kampagnen <strong>und</strong> Wahlkampfberichterstattung in besonderer Weise auf den Wahlakt als<br />
ritualisierte Handlung kollektiver Meinungsbildung ausgerichtet. Der Wahlakt wird durch die kollektive<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> dem rituellen Charakter mit einer Bedeutung versehen, die anderen<br />
politischen Verhaltensweisen fehlen. Der Wahlakt ist die konstituierende Handlung parlamentarischer<br />
Demokratien, deren Funktion sowohl als Delegation der Macht des Volkes als Souveräns an<br />
gewählte politische Eliten, als auch als Herstellung von Legitimation des politischen Systems ist. Die<br />
Delegation der Macht erfolgt in Form eines periodischen „Zwischenstandes“ konkurrierender politischer<br />
Themensetzungen <strong>und</strong> Lösungsvorschläge über die im Wahlakt als Gesamtpaket entschieden<br />
wird. Durch den institutionellen Charakter, den hohen Grad der kulturellen Determination <strong>und</strong><br />
Abstraktheit sowie der Möglichkeit eines langen Planungsvorlaufs vor der abschließenden Handlung<br />
ist <strong>Wahlverhalten</strong> als singuläre Verhaltensform für die oft eher an alltäglich-spontanen Verhaltensformen<br />
orientierten psychologischen Zugänge ein eher untypisches Beispiel. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />
wurde <strong>Wahlverhalten</strong> in verschiedenen Studien zu politischer Partizipation aus dem Repertoire der<br />
untersuchten Verhaltensformen ausgeklammert (Nie & Verba 1972; Barnes & Kaase 1979; vgl.<br />
Kaase 1989). Für die eher abstrakt modellierenden Rational Choice Zugänge ist <strong>Wahlverhalten</strong> als<br />
abgrenzbare Verhaltensform gut geeignet, die Schwierigkeiten des Rational Choice Ansatzes, insbesondere<br />
in der engeren Ausrichtung, zeigen sich bei komplexeren Verhaltensformen, die in alltäglicher<br />
Weise kulturell beeinflusst <strong>und</strong> sozial eingebettet sind. Demokratische Wahlen stellen so einen<br />
Sonderfall politischer Partizipation der von Colemann, Esser <strong>und</strong> anderen formulierten Problematik<br />
der Verbindung von Mikro- <strong>und</strong> Makrolevel dar.<br />
„The process through which individual preferences become collective choices“ (Coleman 1986,<br />
1321) findet bei Wahlen auf institutionell klar geregelte Weise statt, die kollektiv gültig ist. Aus<br />
individuellen Präferenzen für politische Programme, Kandidaten oder Parteien werden abgegebene<br />
Stimmen, die aggregiert den Willen des Volkes abbilden sollen. Die Fragestellung dieser Arbeit<br />
fokussiert aber weniger auf die Aggregation, sondern vielmehr die Frage wie individuelle Präferenzen<br />
aus den zur Verfügung stehenden Informationen abgeleitet werden, welche Handlungsoptionen<br />
die individuellen Akteure in Betracht ziehen <strong>und</strong> wie die Entscheidungen zwischen diesen Handlungsoptionen<br />
gefällt werden (vgl. Lane 2002).<br />
Das Vorhandensein von Optionen mit spezifischen wahrgenommenen Normen <strong>und</strong> Bewertung<br />
nach der subjektiven Wichtigkeit sind auch Bestandteile einer Analyse anderer Formen politischen<br />
Verhaltens. Die Theory of Reasoned Action als allgemeine Handlungstheorie kann auch auf diese<br />
anderen Formen politischen Verhaltens angewendet werden. Welche politischen Handlungsoptio-<br />
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