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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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Die offenere Befragungsform ermöglicht der Selbstverständlichkeit der dargestellten Anschauungen<br />

Raum zu geben. Die Befragten beantworten nicht nur die gestellten Fragen, welche die Normen<br />

<strong>und</strong> Erwartungen des Interviewers mittransportieren, sondern reagieren auch nonverbal <strong>und</strong> machen<br />

durch ihre Interpretationen der Frage deutlich, wie sie gewohnt sind mit politischen Themen<br />

umzugehen. Dabei wird, was ein weiterer Vorteil des hier verwendeten methodischen Zugangs ist,<br />

die Analyseebene der Biographie mit einbezogen. Die Befragten argumentieren biographisch <strong>und</strong><br />

können so die der eigentlichen Wahlentscheidung vorgelagerten Einstellungen, Annahmen sowie<br />

die zugr<strong>und</strong>eliegenden Sozialisations- <strong>und</strong> Abwägungsprozesse der Analyse zugänglich machen.<br />

Außerdem macht die Veränderungen im Lauf des Lebens deutlicher, die oft mit bestimmten biographisch<br />

bedeutenden Erlebnissen oder Personen im direkten Umfeld verknüpft sind 109 . Erkennbar<br />

ist in einigen Fällen auch, dass gr<strong>und</strong>legende Wert- <strong>und</strong> Deutungsmuster artikuliert werden, die<br />

auf der rückblickenden Wertung der eigenen historischen Erfahrung <strong>und</strong> mit gr<strong>und</strong>sätzlichen Aspekten<br />

der eigenen Identität verknüpft sind.<br />

Die Schwierigkeit ist bei dem qualitativen Zugang ist, dass es sich bei den Interviewsituationen nur<br />

um Momentaufnahmen handelt, die dazu führen können, dass die Befragten bestimmte Aspekte<br />

ihrer Entscheidung nicht artikulieren. Außerdem bleiben immer Aspekte der einer Entscheidung<br />

zugr<strong>und</strong>eliegenden Prozesse unartikuliert bzw. unbewusst 110 . Die Aufgabe des Interviewers <strong>und</strong><br />

der Auswerters ist es auch, nach diesen nicht artikulierten oder verborgenen Aspekten zu suchen.<br />

Für die Suche nach diesen Aspekten ist dieser umfangreiche theoretische F<strong>und</strong>us sehr hilfreich. Er<br />

kann gewissermaßen als Kompendium möglicher Erklärungsaspekte verstanden werden, welche<br />

vom Interpret eines Falles auf ihre Erklärungskraft im jeweiligen Fall überprüft werden können.<br />

Das hier praktizierte Vorgehen, die Befragten zusätzlich zum Face-to-Face-Interview noch mehrfach<br />

telefonisch zu befragen, bietet die Möglichkeit, bisher nicht zur Sprache gekommene Aspekte<br />

zu thematisieren. In den Fällen, in denen die Befragten über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren<br />

mehrfach befragt wurden, besteht die Möglichkeit einer besonders dichten Analyse, da die Befragten<br />

zweimal in verschiedenen Entscheidungssituationen befragt wurden <strong>und</strong> diese miteinander<br />

verglichen werden können. Eine Betrachtung über einen solch langen Zeitraum ermöglicht eine<br />

umfassende Bewertung des Verhältnisses von situativen <strong>und</strong> langfristigen Aspekten der Wahlentscheidung.<br />

Unter situativen Aspekten der Wahlentscheidung verstehe ich hier die kurzfristig auf die Entscheidung<br />

einwirkenden Einflussfaktoren. Hierzu gehören neben der Lebenslage der Befragten vor allem<br />

auch die Merkmale der politischen Situation, also Kandidaten, Parteien, Issues <strong>und</strong> die öffentliche<br />

Meinung. Unter langfristige Faktoren sind die im Lebenslauf gemachten politischen Sozialisationserfahrungen<br />

in Form gr<strong>und</strong>legender Werte, vorhandener Bindungen sowie politischer Präferenzen<br />

im weiteren Sinn zu subsumieren.<br />

109 Die Personen können die Rolle spezifischer Referenten im Sinne des Modells der Theorie der begründeten<br />

Handlung haben.<br />

110 Dabei handelt es sich um Aspekte, die in primär biographisch ausgerichteten Erhebungsverfahren <strong>und</strong><br />

mittels tiefenpsychologischen Analysemethoden wesentlich deutlicher herausgearbeitet werden könnten.<br />

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