Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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11.1.1 Erklärung der Typen<br />
Vergleicht man diese drei Typen, fallen Unterschied <strong>und</strong> Gemeinsamkeiten auf, die kausale Erklärungen<br />
ermöglichen. Kausale Erklärungen für die Unterschiede sind aus meiner Sicht vor allem in<br />
dem Einfluss des Ehepartners als langfristige Sozialisationsinstanz zu sehen. Einhergehend mit der<br />
Bedeutung des Ehemanns sind Effekte als Folge der Verwitwung zu beobachten, welche insbesondere<br />
die Typen der ritualisierten Partizipation <strong>und</strong> apolitischen Nichtpartizipation betreffen. Ein<br />
weiterer Aspekt sind die geringer werdenden Ressourcen im <strong>Alter</strong>.<br />
11.1.2 Die Funktion der (Ehe-)Partner in den drei Typen<br />
Auffällig ist bis auf in wenigen Ausnahmen bei allen Befragten, die Bedeutung der (Ehe-)Partner<br />
<strong>und</strong> des jeweiligen Arrangements im Umgang mit Politik. Die (Ehe-)Männer sind in einzelnen Fällen<br />
über 50 Jahre lang die wichtigste Bezugsperson im Leben der Befragten, die direkt oder indirekt<br />
Einfluss auf eine Vielzahl der alltäglichen Entscheidungen hat. Die Ehepartner entwickeln gemeinsame<br />
Verhaltensmuster <strong>und</strong> ein weisen ein hohes Maß an Übereinstimmungen in politischen Einstellungen<br />
<strong>und</strong> Präferenzen auf.<br />
Bei der Untersuchung der Sozialisationsinstanzen im Lebenslauf wurden die zwei Muster des Umgangs<br />
mit Politik in der Partnerschaft „geregelte Gemeinsamkeit“ <strong>und</strong> „gleichberechtigte Diskussion“<br />
herausgearbeitet. Das Muster der geregelten Gemeinsamkeit beinhaltet ein konstantes Muster der<br />
gemeinsamen <strong>und</strong> gleichförmigen konventionellen Partizipation, in der die Sphäre des Politischen<br />
dem Mann zu geschrieben wird. Das Muster der geregelten Gemeinsamkeit ist von einem eher<br />
gleichberechtigten Umgang mit Politik gekennzeichnet <strong>und</strong> kann auch Abweichungen zwischen den<br />
Meinungen, Verhaltensmuster oder Parteipräferenzen der Partner tolerieren. Diese beiden Muster<br />
der Partnerschaften lassen sich auch mithilfe von Theorien aus dem Bereich der Wahlforschung gut<br />
erklären. Im Sinne des Modells der Theory of Reasoned Action ist der Ehepartner ein spezifischer<br />
Referent (Fishbein & Ajzen 1981). Aufgr<strong>und</strong> der herausgehobenen Bedeutung des Partners auf<br />
breite Bereiche des Lebens kann davon ausgegangen werden, dass der langfristige Lebenspartner<br />
als der wichtigste spezifische Referent anzusehen ist. Die beiden Muster des Umgangs mit Politik<br />
unterscheiden sich in der Bedeutung <strong>und</strong> Wirkung des spezifischen Referenten.<br />
In der Begrifflichkeit des Modells der Theory of Reasoned Action handelt sich bei dem Muster der<br />
„geregelten Gemeinsamkeit“ um eine Variante, in der die Bedeutung der spezifischen Referenten<br />
sehr groß ist. Die Befragten stimmen beispielsweise in den Wahlentscheidungen fast immer mit<br />
den Männern überein. Ob es sich um einen direkten Einfluss des Ehepartners handelt oder einen<br />
eher indirekten Effekt, ob der Wunsch, mit diesem in Übereinstimmung zu handeln oder ob es aus<br />
Vermeidung des Aufwands einer selbstständigen Entscheidung motiviert ist, sind im qualitativen<br />
Material eindeutig nicht erkennbar. Einige der Befragten sind froh, die Entscheidung erleichtert zu<br />
bekommen (Frau Schulz KS4; Frau Becker KS3). In wenigen Fällen wird deutlich, dass eine abweichende<br />
Entscheidung ein sozialer Stressor wäre <strong>und</strong> Konflikte im häuslichen Umfeld bedeutet hätten,<br />
wie das Beispiel von Frau Schneider (KS7) deutlich macht.<br />
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