Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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2.1.2 Konkurrierende Theorien: Metatheoretische Verortungen <strong>und</strong> methodologische<br />
Positionen<br />
Die theoretische Bearbeitung jedes der drei Themenfelder politische Partizipation, <strong>Alter</strong>n <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong><br />
ist hoch spezialisiert <strong>und</strong> weit fortgeschritten. In jedem der Themenfeldern lassen sich<br />
konkurrierende Ansätze <strong>und</strong> divergierende Deutungen je nach wissenschaftstheoretischer Einordnung,<br />
fachwissenschaftlicher Disziplin <strong>und</strong> Bezugnahme auf Metatheorien der Sozialwissenschaft<br />
finden.<br />
Im Themenfeld politische Partizipation <strong>und</strong> <strong>Wahlverhalten</strong> dominiert eine Orientierung der Forscher<br />
an der empirisch-analytischen Traditionslinie der Politikwissenschaft, die sich von normativen<br />
Ansätzen abgrenzen lässt (Beyme 2000). Im Themenfeld Wahl- <strong>und</strong> Partizipationsforschung<br />
treffen unterschiedliche Erklärungsansätze, die oft auf Denkschulen benachbarter Disziplinen zurückgreifen,<br />
aufeinander. Die Bandbreite der Disziplinen aus denen Anleihen gemacht werden<br />
reicht von der Markt- <strong>und</strong> Konsumentenforschung über Sozialpsychologie <strong>und</strong> Mikrosoziologie bis<br />
zu ökonomischen Theorien des Handelns <strong>und</strong> makrosoziologisch-historischen Ansätzen.<br />
Die Themenfelder <strong>Alter</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong> sind komplexer, da es sich hier nicht um per se sozialwissenschaftlicher<br />
Deutungshoheit unterliegende Fragestellungen handelt. Vielmehr sind auch außerhalb<br />
der sozialwissenschaftlichen Binnendifferenzierung von Fachkulturen <strong>und</strong> paradigmatischen<br />
Zugehörigkeiten Zugänge medizinischer, humanbiologischer oder pflegewissenschaftlicher Art<br />
vorhanden. Aber auch die sozialwissenschaftlichen Zugänge sind wegen des allgemeinen Charakters<br />
von <strong>Alter</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong> als zentrale soziale Differenzierungsmerkmale sowohl umfangreich<br />
als auch sehr uneinheitlich.<br />
Im Themenfeld <strong>Geschlecht</strong> lassen sich zwei Pole wissenschaftlicher Positionen ausmachen. Zum<br />
einen handelt es sich um feministische Positionen, die ein normativ geleitetes Forschungsinteresse<br />
haben, allerdings kaum zu vereinheitlichen sind, sondern erheblich differierende Positionen <strong>und</strong><br />
Forschungsstrategien aufweisen. Gekennzeichnet sind solche Positionen <strong>und</strong> Forschungsbeiträge<br />
primär durch eine vorrangige Betrachtung der Lebenswelt von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> einer oft affirmativen<br />
Position. Der zweite Pol lässt sich, ebenso unter Ausklammerung jeglicher Binnendifferenzierungen,<br />
als Teil des sozialwissenschaftlichen Mainstreams kennzeichnen, der <strong>Geschlecht</strong>erdifferenzen<br />
als Merkmal von Forschungsproblemen versteht. Die Unterscheidung zwischen diesen Polen ist<br />
idealtypisch <strong>und</strong> hat ihren Ursprung in der Anfangsphase feministischer Forschung, als sich diese<br />
als Gegenprogramm zum <strong>Geschlecht</strong> für unbedeutend erachtenden Mainstream der Sozialwissenschaft,<br />
welcher bisweilen in plakativer Abgrenzung als „Malestream“ bezeichnet wurde, verstanden<br />
hat. Letztlich handelt es sich bei der idealtypischen Unterscheidung der Pole primär um eine Differenzierung<br />
in normative <strong>und</strong> empirisch-analytische Wissenschaftssphären. Inhaltlich lässt sich –<br />
auch als Folge des Feminismus – feststellen, dass <strong>Geschlecht</strong> als Forschungsperspektive, aber auch<br />
normative Aspekte nicht mehr wie zu Beginn in der Frühphase feministischer Wissenschaft <strong>und</strong><br />
Kritik, ausgeklammert werden.<br />
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