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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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stellung einer Perspektive der Kontinuität der eigenen Biographie <strong>und</strong> Identität ist für den weiblichen<br />

Teil der Generation damit schwerer, da Brüche <strong>und</strong> diskontinuierliche Übergänge üblich sind.<br />

Puhlmann, Pilzer <strong>und</strong> Rosenthal (1987, 374; vgl. auch 376) gehen in der Interpretation der Möglichkeiten<br />

Kontinuität für die eigene Biographie herzustellen noch weiter <strong>und</strong> gehen davon aus,<br />

dass das „subjektive Gefühl von Kontinuität <strong>und</strong> Diskontinuität, die Selbstwahrnehmung als aktiv<br />

Handelnde <strong>und</strong> passiv Erleidende hatte ja seine Entsprechung nicht nur der Erziehungsideologie<br />

sondern auch im Lebensalltag von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern, Mädchen <strong>und</strong> Jungen“. In dieser Beschreibung<br />

sehen sie die Fortsetzung der Zuschreibungen der öffentlichen Lebenssphäre der Berufswelt<br />

<strong>und</strong> des politischen Soldaten <strong>und</strong> der privaten Lebenssphären der Mutter <strong>und</strong> Hausfrau 72 .<br />

Puhlmann, Pilzer & Rosenthal (1987, 377; vgl. Krüger 1993) können die theoretisch abgeleiteten<br />

Schwierigkeiten bei der Herstellung von Kontinuitäten empirisch nicht belegen. „Vielmehr entsteht<br />

der Eindruck … daß ihre unterschiedlichen Lebensphasen in der Rekonstruktion ihres Lebenslaufes<br />

unverb<strong>und</strong>en nebeneinander stehen, während es den Männern gelingt, ihre Entwicklung als kontinuierliche<br />

… darzustellen“. Die Erklärung, die für diesen Bef<strong>und</strong> angeboten wird, sieht führt die<br />

Unterschiede der Lebensverläufen an: „Die kollektive Phase der Soldatenzeit <strong>und</strong> die Entlassung<br />

aus der Wehrmacht wirkte bei den Männern einer Individualisierung entgegen <strong>und</strong> ermöglichte<br />

vielmehr eine kollektive Verarbeitung der gemeinsam verbrachten Soldatenzeit <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

der Gefangenschaft“. Diese kollektive Verarbeitung werde eingebettet in das Ideal des Soldaten „als<br />

Bestandteil eines tradierten, bis heute nicht in Frage gestellten Männlichkeitsideals“ Puhlmann,<br />

Pilzer & Rosenthal (1987, 400). Für die Männer, die diesen militärischen Erlebnisbereich teilten,<br />

stelle dies als kollektive Erfahrung einer Generation dar, während sich die <strong>Frauen</strong> „weniger als<br />

Mitglied einer Generation, sondern vielmehr einer Idealgemeinschaft genannt ´deutsches Volk`“<br />

empfinden. Diese Idealgemeinschaft habe sich die Schuld als Ganzes aufgeladen. <strong>Frauen</strong> könnten<br />

„ihre Rolle nicht von der `Gesamtschuld´ lösen“, da sie in ihrer Rolle stärker mit dem als Einheit<br />

begriffenen geschichtlichen Gemeinschaft verhaftet seien 73 .<br />

72 In der Kombination der Eigenschaften aktiv, handelnd <strong>und</strong> männlich sowie passiv, erleidend <strong>und</strong> weiblich<br />

ist aus meiner Sicht problematisch, insbesondere wenn es sich nicht ausschließlich auf Rollennormen <strong>und</strong><br />

<strong>Geschlecht</strong>erstereotype, sondern auch auf die realen Handlungspraktiken bezogen wird. Das Gegensatzpaar<br />

handelnd versus erleidend beinhaltet eine problematische Verzerrung. Semantisch hebt dies auf die zwei<br />

unterschiedlichen psychologischen Dimensionen von Verhalten <strong>und</strong> Erleben hervor. Die Zuschreibung dieser<br />

Dimensionen, insbesondere des Erleidens zu dem weiblichen Teil der Generation ist eine problematische<br />

Setzung. Dies geht mit der Nichtberücksichtigung bestimmter Dimensionen der Kriegserlebnisse der Männer<br />

in den Fallanalysen von Rosenthal et al. (1987) einher. So werden Erfahrungen der selbst ausgeübten <strong>und</strong><br />

erlittenen Gewalthandlungen <strong>und</strong> damit einhergehenden Traumata ausgeblendet. Möglicherweise werden<br />

diese Bereiche in den narrativen Interviews nicht thematisiert, was gerade bei verdrängten <strong>und</strong> tabuisierten<br />

Erlebnissen durchaus möglich ist. Das auffällige Fehlen dieser Erfahrungen wird aber nicht analytisch bearbeitet.<br />

Die biographischen Analysen von Rosenthal (1990) ergänzen hier die Perspektiven zumindest in Form der<br />

Beschreibung der Erlebnisse der Generation. Neben der problematischen Semantik ist auch die Dimension des<br />

Lebensalltags als eine unzutreffende Charakterisierung der Lebensverhältnisse, da die reale Lebenswelt der<br />

jungen <strong>Frauen</strong> während der Kriegszeit, aber auch in der Nachkriegszeit deutlich von dem Ideal abwich. <strong>Frauen</strong><br />

waren neben der Arbeit als Hausfrau <strong>und</strong> Mutter, umfangreich in Erwerbsarbeit eingeb<strong>und</strong>en um die fehlenden<br />

Männer im Wirtschaftssystem zu ersetzen (vgl. auch Brockhaus 1990).<br />

73 Diese resümierende Einschätzung bleibt meiner Ansicht nach hinter weiten Teilen der empirischen Analysen<br />

zurück <strong>und</strong> bietet eine stark vereinfachende Erklärung für meiner Lesart nach nicht nachgewiesene Ge-<br />

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