Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Vergleich zum Typ der apolitischen Politikvermeidung jünger, gesünder <strong>und</strong> alle in der Lage zur<br />
selbstständigen Lebensführung. In mindestens zwei Fällen gibt es Lebenspartner. Zudem gestaltet<br />
sich der Adaptionsprozess an altersbedingte Veränderungen anders. In den Einzelfällen wird deutlich,<br />
dass soziales Engagement <strong>und</strong> Politik auch deshalb von großer Bedeutung sind, weil sie die<br />
soziale Einbindung erleichtern. Die Befragten sind stark freizeit- <strong>und</strong> gemeinschaftsorientiert.<br />
Gr<strong>und</strong>legende Kenntnisse des Tagesgeschehen aufzuweisen, darauf lässt sich das Interesse an Politik<br />
in diesem Typ reduzieren, es bedeutet, Gesprächsthemen zu haben <strong>und</strong> eine soziale Erwartungen<br />
zu erfüllen. Dies erleichtert die sozialen Kontakte <strong>und</strong> auch das Finden neuer Partner. Der Aufwand<br />
für die politische Partizipation wie die Wahlteilnahme wird durch den hohen Grad der Ritualisierung<br />
ebenfalls minimiert 169 .<br />
Beim Typus der politisch Involvierten hat in der Hierarchie der persönlichen Ziele die Auseinandersetzung<br />
mit Politik eine deutlich höhere Bedeutung. In den meisten Fällen dieses Typs kann dies<br />
auch viel stärker mit anderen Zielen verb<strong>und</strong>en werden, so sind bei einigen Befragten wichtige<br />
Teile der Freizeitgestaltung politisch geprägt. Nach der Verwitwung fehlt in diesen Fällen der Mann<br />
als Gesprächspartner. Wegen der hohen subjektiven Kompetenz der Befragten ist der Ressourcenaufwand<br />
zur Aufrechterhaltung einer gr<strong>und</strong>legenden politischen Partizipation aber gering. Die<br />
vorhandenen Kompetenzen stellen dann auch eine Ressource in der sozialen Interaktion mit anderen<br />
dar.<br />
Die generellen Auswirkungen von Verwitwung lassen sich schwer bestimmen. Hier ist auffällig,<br />
dass die Konstellationen des Einzelfalls eine große Bedeutung hat. Das <strong>Alter</strong> bei der Verwitwung,<br />
die individuellen Kompetenzen <strong>und</strong> Interessen, aber auch die Differenzen zwischen den Kohorten<br />
sind von großem Einfluss 170 . Hollstein (2002, 196f.) stellt in einer qualitativen Studie für die Veränderungen<br />
der sozialen Netzwerke anhand der Veränderung der sozialen Netzwerke <strong>und</strong> der Lebenszufriedenheit<br />
unter Berücksichtigung der Ressourcenausstattung die unterscheidbaren Typen<br />
der „Reduktion <strong>und</strong> Kompensation“, „Stabilität“ <strong>und</strong> „Expansion“ fest. Als Gr<strong>und</strong>muster der Veränderung<br />
nach der Verwitwung verstanden, lassen sich diese gut auf anderen Aspekte des sozialen<br />
Lebens übertragen <strong>und</strong> als Adaptionsprozesse an eine veränderte Ressourcensituation im Rahmen<br />
der SOC-Theorie interpretieren. Veränderungen der Lebenssituation mit großer emotionaler Bedeutung<br />
erfordern in der Regel einen hohen Aufwand für ein Coping (Remmers 2009). Diese Veränderungen<br />
können aber dennoch, beispielsweise durch nicht mehr erforderliche Pflege eines verstorbenen<br />
Angehörigen oder geringere psychosoziale Belastung der Alltagssituation nach einer<br />
Trennung von einem Partner, auch einen Gewinn an Ressourcen bedeuten. Dies kann die Entwicklung<br />
neuer Muster erleichtern. Die politische Partizipation kann durch die Veränderung des sozialen<br />
Kontextes in diesen Fällen sogar zunehmen.<br />
169 Dauerhafte Bindungen erleichtern diesen Prozess. Oft werden im Interview statt abwägenden Entscheidungsprozessen<br />
einfache, oft floskelhafte Selbstdeutungen genannt. Diese lassen sich als Chiffren für wirksame<br />
kognitive Vereinfachungen („information short cuts“, vgl. Popkin 1993) interpretieren.<br />
170 Die Befragten der jüngeren Geburtsjahrgänge fallen hier auf <strong>und</strong> weisen deutliche Unterschiede zu den<br />
älteren Befragten auf.<br />
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