26.12.2013 Aufrufe

Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Antwort ist der Kontext der individuellen Biographie notwendig. Die Zielsetzung ist das Typische<br />

im Individuellen aufzufinden.<br />

Neben narrativen Interviews, die den Arbeiten der Oral History <strong>und</strong> der Biographieforschung<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen, liefern zur Rekonstruktion der politischen Orientierungen <strong>und</strong> des politischen<br />

Bewusstseins auch andere Quellen wie zeitgenössische Schulaufsätze <strong>und</strong> Tagebuchaufzeichnungen<br />

sowie Auswertungen <strong>und</strong> Berichte aus der politischen Bildungsarbeit der West-Alliierten bei<br />

Schörken (1990) Material, dass typische Muster der Verarbeitung nachzeichnen lässt. Schörkens<br />

Ziel ist es ein umfassenderes Bild des kollektiven politischen Bewusstseins zu zeichnen. „Die kollektiven<br />

Momente des politischen Bewusstseins festzustellen, bereitet größere methodische Schwierigkeiten<br />

als die Nachzeichnungen individueller Prozesse“ (Schörken 1990, 114). Beide Vorgehensweisen<br />

ergänzen sich jedoch gut <strong>und</strong> liefern so ein umfassendes Bild der politischen Sozialisation<br />

der NS-Zeit <strong>und</strong> der Auswirkungen ihres Endes.<br />

7.2.7 Politische Sozialisation in der NS-Zeit<br />

Die Ausgangsbedingung der politischen Sozialisation der von Rosenthal et al. (1986, 73) als Hitlerjugend-Generation<br />

bezeichneten politischen Generation war der jahrelang Einfluss der nationalsozialistischen<br />

Erziehung <strong>und</strong> Propaganda <strong>und</strong> das Ausgesetztsein der NS-Weltanschauung in Schule<br />

<strong>und</strong> Jugendorganisation erzogen worden. Das generelle Erziehungsziel der Nazizeit ist diametral<br />

zur politischen Bildung späterer Phasen nicht Ichstärke, sondern Einordnung <strong>und</strong> bedingungsloser<br />

Gehorsam (Schörken 1990, 113). Nach Rosenthal (1986, 74f.) setzt die Sozialisation während der<br />

NS-Zeit an dem Kernaspekt der psychischen Entwicklung während der Adoleszenz, dem Wandel<br />

von einer familien- zu gesamtgesellschaftlicher Ausrichtung der Identität, an.<br />

Die in der Frühphase der Adoleszenz erfolgende Entwicklung eines autoritären Denkstil <strong>und</strong> eines<br />

gesteigerten Egozentrismus geht einher mit einer allmähliche Distanzierung vom Elternhaus. Das<br />

Ausagieren verschiedener Rollen auf Probe wird in spezifischen Elementen gefördert, in anderen<br />

zentralen wie der eigenen Autonomie aber behindert. Die Möglichkeit fester Strukturen außerhalb<br />

des Elternhauses in Form nationalsozialistischer Jugendorganisationen, die ein Angebot von Rollen<br />

mit dem Charakter des Erwachsenen in Form von Verantwortung, Status oder Macht bereithalten,<br />

unterstützt dabei besonders mit dem nationalsozialistischen System Identifizierte <strong>und</strong> in das System<br />

Integrierte. Die Jugendorganisation erfüllen die Bedürfnislage der Jugendlichen auf etwas stolz<br />

sein dürfen (Rosenthal 1987, 80; vgl. Kock 1994), ebenso wie die in der nationalsozialistischen<br />

Ideologie <strong>und</strong> Propaganda hervorgehobene Zugehörigkeit zum deutschen Volk <strong>und</strong> der arischen<br />

Rasse Selbstwertgefühl ermöglichte (vgl. Miller-Kipp 2007, 179f.).<br />

In der Spätphase der Adoleszenz müssen nach Rosenthal (1987, 77) die verschiedenen Rollen integriert<br />

werden, wobei die Berufsrolle, insbesondere für junge Männer, die dominierende ist. Rosenthal<br />

sieht als Rollenentwürfe des Nationalsozialismus von dieser Berufsrolle abweichende Sozialisationsziele,<br />

den politischen Soldat für Jungen <strong>und</strong> junge Männer <strong>und</strong> die unpolitische Hausfrau<br />

<strong>und</strong> Mutter für Mädchen <strong>und</strong> junge <strong>Frauen</strong> (vgl. Klaus 1980, 21f.). Dabei gestalteten sich die äußeren<br />

Rahmenbedingungen für die <strong>Geschlecht</strong>er unterschiedlich. Die Kasernierung <strong>und</strong> Militarisie-<br />

103

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!