Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Schlozman & Verba 2001; vgl. van Deth 2001; Kaase 2002). Elemente eines solchen Verständnisses<br />
politischer Partizipation politischer Kulturforschung fanden, wenn auch teilweise verspätet (Kaase<br />
2002, 350), Eingang in die Wahlforschung <strong>und</strong> führten zu einer erheblichen Spezifizierung einzelner<br />
theoretischer Konzepte. So wurden Formen politischer Kommunikation, des sozialen <strong>und</strong> bürgerlichen<br />
Engagements sowie zugr<strong>und</strong>e liegende Einstellungen wie dem politischen Interesse <strong>und</strong><br />
politischer Kompetenz in die Analysen einbezogen. Neben diesen Formen der sozialen <strong>und</strong> politischen<br />
Partizipation wird in den ersten Forschungsarbeiten ein besonderes Gewicht auf die Rolle<br />
politischer Sozialisation gelegt. Ähnlich wie in den Arbeiten von Lazarsfeld et al., die in den ersten<br />
Wahlstudien insbesondere die Rolle von interpersonaler <strong>und</strong> medialer Kommunikation bei der<br />
politischen Meinungsbildung in den Mittelpunkt stellten, heben auch Almond <strong>und</strong> Verba den Umgang<br />
mit <strong>und</strong> die Kommunikation über Politik sowie das Ausmaß demokratischer Umgangsformen<br />
<strong>und</strong> Mitbestimmungsmöglichkeiten in Familie, Schule <strong>und</strong> Beruf in der Perspektive politischer<br />
Sozialisation hervor.<br />
Im Zuge der zunehmenden Stabilität der Demokratien, aber auch bedingt durch theoretische <strong>und</strong><br />
konzeptionelle Unklarheiten des Konzeptes politische Kultur wurde dieses weite Verständnis teilweise<br />
zugunsten eines stärker auf parteiensystembezogene Verhaltensweisen verdrängt (Kaase<br />
1983). Dies fand parallel zu fachlichen Ausdifferenzierungen <strong>und</strong> Spezialisierungen in der Wahlforschung<br />
statt. Im Rahmen eines Forschungsstranges, der politisch-kulturellen Wandel in den Mittelpunkt<br />
stellt (Barnes & Kaase 1979; Inglehart 1977,1990, 1997; Putnam 2002), wurde auch eine<br />
Erweiterung des oft auf konventionelle, in der Regel auf das Parteiensystem bezogene Verhaltensweisen<br />
durch neuere, „unkonventionelle“ Formen ergänzt. Dazu gehören heute weit verbreitete<br />
Formen politischer Partizipation, wie der politischen Teilnahme an Unterschriftensammlungen,<br />
Boykotten, Demonstrationen (Barnes & Kaase 1979). Dies bildet den Wandel sozialer Konventionen<br />
auf der Makroebene ab <strong>und</strong> liefert einen Hinweis, dass Formen des kulturellen Wandels auch in<br />
den Kontext lebenslanger politischer Sozialisation einbezogen werden sollten. Denn wenn sich das<br />
Verhaltensrepertoire der sozial tolerierten Formen politischer Partizipation wandelt, ist unklar, ob<br />
dieser Wandel auch ältere Kohorten erfasst. Der von Barnes <strong>und</strong> Kaase dargestellte Wandel der<br />
Verhaltensformen blieb nicht auf jene Generation beschränkt, die der Träger des Wandels war,<br />
sondern stellt aus heutiger Sicht einen gr<strong>und</strong>sätzlichen Wandel des Verhaltensrepertoires dar, der<br />
auch bei Bevölkerungsgruppen Akzeptanz findet, die älter als die Träger des Wandels sind. Dies<br />
bedeutet, dass sich für die Geburtenjahrgänge, die vor dem Prozess des Wandels politisch sozialisiert<br />
wurden, ein individueller Lern-, zumindest aber ein Adaptionsprozess stattgef<strong>und</strong>en haben<br />
muss.<br />
In der deutschen politischen Kulturforschung finden sich weitere Formen der Anwendungen des<br />
Konzeptes politische Kultur, die im Kontext der empirischen Analysen dieser Arbeit von Bedeutung<br />
sind. Eine Reihe von Stadtstudien (Klingemann, Erbring & Diederich 1995; Gabriel, Brettschneider<br />
& Vetter 1997; Hennig, Homburg & Lohde-Reiff 1999) heben die lokalen Besonderheiten der politischen<br />
Kultur <strong>und</strong> des Einflusses der lokalen Prozesse auf das <strong>Wahlverhalten</strong> hervor. Eine Gruppe<br />
eher historisch orientierter Sozialwissenschaftler greift auf das Konzept zurück, um nationale, aber<br />
auch regionale geschichtliche Kontinuitäten <strong>und</strong> Entwicklungen dar- bzw. herauszustellen (Rohe<br />
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