Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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plizit geäußert. Die Vermeidung von Politik hat unter anderem das Ziel potentielle Konflikte zu<br />
vermeiden. Konflikte über Politik scheinen insbesondere dann aufzutreten, wenn sich die Lebensverhältnisse<br />
der Befragten <strong>und</strong> ihrer Kinder erheblich unterscheiden <strong>und</strong> wenn die Ehe- oder Lebenspartner<br />
der eigenen Kinder unterschiedliche Ansichten haben oder zumindest von diesem<br />
Sachverhalt ausgegangen wird. Generell werden Konflikte über Politik oder gr<strong>und</strong>sätzliche Werte<br />
<strong>und</strong> Normen in der Stichprobe verstärkt bei angeheirateter Verwandtschaft berichtet (Schwager,<br />
Schwiegertöchter, Schwiegersöhne). Es erscheint mir plausibel davon auszugehen, dass es einen<br />
Zusammenhang zwischen geringen subjektiven Kompetenzen <strong>und</strong> der Vermeidung von politischen<br />
Gesprächsthemen gibt. Befragte, die ihre politischen Kompetenzen eher gering einschätzen <strong>und</strong><br />
Differenzen in den Einstellungen in ihrem Umfeld vermuten, vermeiden Politik als Themenbereich,<br />
um ein positives soziales Klima aufrechtzuerhalten, wenn eine unbekannte oder potentiell von der<br />
eigenen Meinung abweichende Position erwartet wird.<br />
Noch ein weiterer Umgang mit Politik ist in der Stichprobe häufig vertreten: die praktizierte politische<br />
Gemeinsamkeit von Müttern <strong>und</strong> ihren Kindern. Bei den sozialdemokratisch organisierten<br />
Befragten in Kassel (Frau Hoffmann KS4; Frau Schäfer KS6) <strong>und</strong> bei politisch sehr interessierten<br />
Befragten in Erfurt (Frau Schmidt EF5 mit Frau Fischer EF8) gehört die Kommunikation mit den<br />
Kindern oder auch Enkeln über Politik zur täglichen Routine. Alle Fälle in denen ein solcher Umgang<br />
praktiziert wird, sind durch die räumliche Nähe der Befragten zu ihren Kindern <strong>und</strong> die Einbindung<br />
in den täglichen Lebensablauf gekennzeichnet.<br />
In Fällen, in denen die Lebenslage der Kinder <strong>und</strong> Enkelkinder als schlecht wahrgenommen <strong>und</strong><br />
der Alltag gemeinsam bewältigt wird, zeigt sich, dass in der Kommunikation über Politik im Alltag<br />
auch die Unzufriedenheit mit der Lebenssituation <strong>und</strong> Politikverdrossenheit Ausdruck findet (Frau<br />
Schröder BR3; Frau Bauer EF2). Bei Frau Bauer führt dies dazu, dass sie sich vor allem außerhalb<br />
der Familie über Politik unterhält.<br />
EF2_2 (337)<br />
FRAU BAUER: Was soll ich mit meinem Sohn über Politik reden? Äh .. der Bewerbungen<br />
über Bewerbungen schreibt <strong>und</strong> jetzt äh mein Sohn ist Jahrgang 9 äh 62.<br />
INTERVIEWER: ja<br />
FRAU BAUER: ja. Ist also auch über 40. Bis jetzt immer bloß Absagen bekommt <strong>und</strong><br />
äh .. wie soll ich mit ihm Politik reden? (…) Da ist das Thema ist äh eigentlich für uns<br />
.. tabu. ..Ne!<br />
INTERVIEWER: Aber mit den Senioren reden Sie schon über Politik?<br />
FRAU BAUER: Mit meinen Senioren red ich über Politik, sicher!<br />
10.3.7.1 Situation der Kinder <strong>und</strong> Enkelkinder<br />
Der Kontakt mit den eigenen Kindern <strong>und</strong> Enkelkindern hat unabhängig von der Kommunikation<br />
über Politik einen Einfluss auf die politischen Einstellungen der älteren <strong>Frauen</strong>. Einblicke in die<br />
Alltagswelt der eigenen Kinder <strong>und</strong> der Enkelkinder beeinflussen die Großeltern erheblich in der<br />
Wahrnehmung alltäglicher Anforderungen. Dabei sind sowohl alltägliche Erlebnisse als auch As-<br />
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