Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Dieses Partnerschaftsmodell <strong>und</strong> das zugr<strong>und</strong>eliegende Rollenverständnis hat für die Befragten<br />
eine entlastende Funktion. Die Ressourcen für die Auseinandersetzung mit Politik muss nur einer<br />
der Partner aufbringen <strong>und</strong> die ohnehin bei diesen Paaren nur in Ausnahmefällen variierende<br />
Wahlentscheidung belastet weder das eheliche Miteinander 165 noch den gemeinsamen Zeithaushalt.<br />
Dem Muster liegt eine klare <strong>Geschlecht</strong>errollenzuweisung der Sphäre des Politischen an den<br />
Mann zugr<strong>und</strong>e. Die Befragten, die diesem Muster zuzuordnen sind, verändern ihr politisches Verhalten<br />
teilweise nach der Verwitwung. Einige nehmen weiterhin an Wahlen teil <strong>und</strong> wählen eher<br />
ritualisiert entsprechend der langfristigen Parteibindung. Andere nehmen nicht mehr an der Wahl<br />
teil, weil sie nicht wissen, für wen sie sich entscheiden sollen oder weil sie „zu alt“ sind.<br />
Im Typus „gleichberechtigten Diskussion“ handelt es sich um die gemeinsame Evaluation von Verhaltensoptionen,<br />
die in diesen Fällen etwa den Ausschlag für eine konkrete Wahlentscheidung geben.<br />
Dieses Muster wird in fast allen Fällen von Befragten praktiziert, die sich für Politik interessieren<br />
<strong>und</strong> sich subjektiv für politisch kompetent halten. In diesem Typus treffen die Befragten eher<br />
unabhängig eine Entscheidung, wobei der Partner ein sehr wichtiger Gesprächspartner ist.<br />
Die Bedeutung des spezifischen Referenten ist hoch, allerdings ist die Zielsetzung, ein mit diesem<br />
übereinstimmendes Verhalten an den Tag zu legen, weniger wichtig. Die Befragten, die diesem<br />
Muster zugeordnet werden können, weisen keine abnehmende Wahlbeteiligung oder geringeres<br />
politisches Interesse nach der Verwitwung auf.<br />
11.1.3 Effekte der Verwitwung auf die politische Partizipation<br />
Ein deutlicher Unterschied zwischen den Typen der politischen Partizipation ist die Veränderung<br />
der politischen Partizipation nach der Verwitwung im Typ der apolitischen Nichtpartizipation. Die<br />
<strong>Frauen</strong> dieses Typs fühlen sich weniger verpflichtet, an Wahlen teilzunehmen <strong>und</strong> wählen häufiger<br />
nicht. Die Normen der politischen Partizipation <strong>und</strong> das politische Interesse unterscheiden sich<br />
deutlich von den beiden anderen Typen 166 .<br />
Dieses Muster der abnehmenden Partizipation nach der Verwitwung ist in der Forschungsliteratur<br />
länger bekannt. Diese Veränderung werden verschiedene Ursachen zugeschrieben. Piel (1989)<br />
stellt fest, dass „der Gang zur Wahlurne insbesondere für Eheleute eine gemeinsame Unternehmung<br />
[ist]. Wenn im sechzigsten oder siebzigsten Lebensjahr diese eheliche Gemeinschaft durch<br />
Verwitwung aufgelöst ist, fällt das Motiv, zur Wahl zu gehen, für viele <strong>Frauen</strong> weg, sodass die Wahlbeteiligung<br />
deutlich hinter den Männern zurückbleibt“.<br />
165 Hier setzt sich das generationentypische Verhalten der Politikvermeidung fort (siehe Abschnitt 10.5.1.).<br />
166 Dieser Unterschied wird möglicherweise noch durch einen Effekt auf das Antwortverhalten verstärkt, der<br />
durch diese angenommenen Normen hervorgerufen wird. Diejenigen, die eine geringe Verpflichtung wahrnehmen,<br />
artikulieren dies möglicherweise offener als die Grenzen ihrer politischen Kognitionen <strong>und</strong> Verhaltensformen.<br />
Befragte, die ihr Desinteresse stärker als abweichend wahrnehmen, werden wahrscheinlich stärkere<br />
Effekte der sozialen Erwünschtheit aufweisen.<br />
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