Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Gewohnheitsheuristiken <strong>und</strong> den persönlichen Erfahrungen des Forschers beruhende Fehleinschätzungen<br />
zu vermeiden (vgl. Kelle 2001a). Die qualitative Befragung ermöglicht auch intensiv<br />
auf die Folgen des <strong>Alter</strong>(n)s <strong>und</strong> den dadurch möglicherweise veränderten Umgang mit der Umwelt<br />
einzugehen. Anders als in einer geschlossenen, standardisierten Befragung besteht in einem qualitativen<br />
Interview die Möglichkeit auf die individuelle Lebenssituation der Befragten einzugehen<br />
<strong>und</strong> biographische Brüche <strong>und</strong> Kontinuitäten in vielfältigen Lebensbereichen zu erheben. Gegebenenfalls<br />
können diese bezogen auf die Biographie jedes Einzelfalls vertiefende Fragen gestellt <strong>und</strong><br />
für den Individualfall relevante Aspekte ergänzt werden.<br />
Eine solche indivduell-biographische Erhebung findet auch hinsichtlich der historischen Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> der lebenslangen politischen Sozialisation statt. Die vielfältigen Erlebnisse des Nationalsozialismus,<br />
der Nachkriegszeit <strong>und</strong> bei der ostdeutschen Bevölkerung der Zeit der DDR können nur<br />
schwer in vorstrukturierter Form erhoben werden, wenn die teilweise sehr individuellen Erlebnisse<br />
<strong>und</strong> Verarbeitungsmuster erfasst werden sollen. Dieses Vorgehen stellt einen Gegensatz <strong>und</strong><br />
eine bewusste Veränderung zur üblichen Praxis des Mainstreams der Wahl- <strong>und</strong> Einstellungsforschung<br />
dar. Empirische Wahlforschung beruht in der Regel ausschließlich auf der Analyse von Umfragedaten.<br />
Lediglich in der in der Planung politischer Kampagnen werden auch qualitative Untersuchungen<br />
durchgeführt, deren Ergebnisse aber in der Regel keinen Eingang in die wissenschaftliche<br />
Literatur finden, sondern den pragmatischen Bedingungen des politischen Wettbewerbs unterliegen<br />
<strong>und</strong> eigentlich eher der Werbeforschung als der politikwissenschaftlichen Analyse zuzurechnen<br />
sind.<br />
Der Rückgriff auf ein solches Verfahren stellt aber aus meiner Sicht auch im Kontext der hoch entwickelten<br />
politikwissenschaftlichen Wahl- <strong>und</strong> Einstellungsforschung keinen Rückschritt dar, sondern<br />
liefert vielmehr die Möglichkeit neue Aspekte zu identifizieren, die bisher vernachlässigt wurden<br />
<strong>und</strong> hilft die Instrumente <strong>und</strong> Prozeduren der akademischen Wahlforschung auf Schwachstellen<br />
zu überprüfen (vgl. Küchler 1983, 26).<br />
8.2.2 Merkmale der durchgeführten Interviews<br />
Es gibt eine Vielzahl vorhandener Konzeptionen qualitativer Interviews, die je nach ihrem ursprünglichen<br />
Anwendungsfeld <strong>und</strong> der methodologischen Verortung unterschiedlichste methodische<br />
Strategien <strong>und</strong> inhaltliche Zielsetzungen verfolgen (Hopf 2004; Flick 2004, 117f.; Lamnek<br />
2005, 356f.). Generell lassen sich Interviews hinsichtlich des Grades der Strukturierung, der Offenheit<br />
<strong>und</strong> dem Kommunikationsstil klassifizieren.<br />
Für die hier bearbeitete Fragestellung wurde das problemzentrierte Interview nach Witzel (1982,<br />
1985) als geeignetes Verfahren ausgewählt <strong>und</strong> für die Belange des Studie modifiziert. Dieses Verfahren<br />
kennzeichnet sich durch die Verwendung eines dem Interview vorgeschalteten Kurzfrage-<br />
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