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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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verbinden die Autoren (vgl. Cumming & Henry, 1961, 10) in der Studie soziologische <strong>und</strong> psychologische<br />

Theoriebausteine zu einer sozialpsychologischen Theorie des <strong>Alter</strong>ns. Kernüberlegung dieser<br />

Theorie ist die Annahme, dass „aging is an inevitable mutual withdrawal or disenggement, resulting<br />

in decreased interaction between the aging person and others in the social system“(Cumming<br />

& Henry 1961, 14). Dieser unabdingbare Rückzug eines Individuums aus der Gesellschaft,<br />

der sich sowohl in abnehmender Interaktion zwischen Individuum <strong>und</strong> Gesellschaft äußert,<br />

als auch daraus resultiert, wird als entwicklungspsychologische Phase interpretiert. Die Ablösung<br />

wird als wechselseitiger Prozess zwischen Individuum <strong>und</strong> Gesellschaft interpretiert, der<br />

durch das soziale Umfeld vermittelt wird, wobei es sich sowohl um einen vom Individuum, wie von<br />

dem sozialen Umfeld initiierten Prozess handeln kann. Der Prozess des Disengagements lässt sich<br />

an der Abnahme der Anzahl der Rollen festmachen, die das Individuum als Teil seines Selbst verkörpern<br />

muss. Diese sind in Form eines „role count“ (Cumming & Henry 1961, 38-45) ermittelbar.<br />

Diese Annahmen ebenso wie der ebenfalls durch den Ansatz postulierte Rückgang der zwischenmenschlichen<br />

Kontakte werden empirisch bestätigt. Der soziale Mechanismus der Disengagement<br />

„erlaubt“ ist die soziale Zuschreibung von Verhaltensnormen <strong>und</strong> Rollen, die für spezifische <strong>Alter</strong>sstufen,<br />

die „age grades“, gelten.<br />

Ein im Kontext der Fragestellung dieser Arbeit besonders wichtiger Aspekt ist der Unterschied des<br />

<strong>Alter</strong>ns für die <strong>Geschlecht</strong>er. Aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Lebensumstände <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Probleme, die geschlechterdifferenziert sind, unterscheiden sich auch die Arten des <strong>Alter</strong>ns<br />

(Cumming & Henry 1961, 121). Von besonderer Bedeutung ist dabei die in den <strong>Geschlecht</strong>errollen<br />

angelegte Arbeitsteilung in der Männer in den USA der 1950er Jahre instrumentelle Aufgaben<br />

übernehmen <strong>und</strong> für Aufgaben außerhalb der Familie zuständig sind, während die <strong>Frauen</strong> sozioemotionale<br />

Funktionen <strong>und</strong> die Aufgaben innerhalb der Familie übernehmen. Dies wirkt sich zunächst<br />

auf den Modus der sozialen Erteilung der Berechtigung zum Disengagement aus. Für <strong>Frauen</strong><br />

stellt es einen allmählichen Rückgang der Aufgaben innerhalb der Familie dar, bei dem die Zahl der<br />

zentralen Rollen vergleichsweise konstant bleibt, aber der Grad der Verpflichtung sinkt <strong>und</strong> die<br />

persönlichen Freiheiten erweitern sich langsam. Für Männer gestaltet sich der Übergang abrupt:<br />

„Men must disengage themselves from their main life occupation.” (Cumming & Henry 1961, 66).<br />

Als problematisch gestaltet sich dabei die geringe Kontinuität in Form der Möglichkeit vorhandene<br />

Rollen fortzuführen <strong>und</strong> sich in Rollen zu finden, die eher der sozioemotionalen Sphäre der <strong>Frauen</strong><br />

zuzuordnen sind. Erheblich differierende Rollenlebensläufe von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern, aber auch<br />

die <strong>Geschlecht</strong>sdifferenz der Sterblichkeit <strong>und</strong> sich daraus ergebende Differenzen machen deutlich,<br />

dass <strong>Alter</strong>n erhebliche geschlechterspezifische Unterschiede aufweist, die in der Theoriebildung<br />

berücksichtigt werden müssen (Cumming & Henry 1961, 144f, 215). In der Interpretation ihrer<br />

empirischen Ergebnisse, die zu einem Teil als Exploration, zum anderen als empirische Prüfung von<br />

konkreten Hypothesen angelegt sind, kommen Cumming <strong>und</strong> Henry zu dem Ergebnis, dass der<br />

Prozess des Disengagements seinen Endpunkt im Tod findet. Der Prozess des <strong>Alter</strong>ns führe zu einem<br />

Verlust von Rollen <strong>und</strong> einem Gewinn von Freiheiten, die letztlich durch den Tod begründbar<br />

seien. „The Anticipation of death frees us from the obligation to participate in the ongoing stream of<br />

life. … there is no point in planning for a future, and no point in putting off today’s gratification“<br />

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