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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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Frau Richters Bemerkung (am Ende des letzten Abschnittes, s.o.), die als Gr<strong>und</strong> für ihre vom Elternhaus<br />

abweichenden politischen Orientierungen lapidar angibt, dass ihr eine andere Partei besser<br />

gefallen habe, kann durchaus unterschiedlich bewertet werden, wenn alle Geschwister unabhängig<br />

voneinander eigene Einstellungen entwickeln. Für die Interpretation des Falls ist wichtig,<br />

wenn, wie es bei Frau Richter der Fall ist, eine klare Präferenz unter den Geschwistern für die CSU<br />

vorhanden ist. Frau Richter verschweigt ihren Geschwistern gegenüber ihre abweichenden politischen<br />

Präferenzen <strong>und</strong> lässt diese, wie fast ihr gesamtes persönliches Umfeld, stillschweigend im<br />

Glauben, dass auch sie eine „Schwarze“ sei. Die eigenständige Entwicklung in einem weitgehend<br />

heterogenen Umfeld macht deutlich, dass die individuelle Entwicklung von Frau Richter nachhaltig<br />

gewesen sein muss.<br />

Im Fall von Frau Richter ist die interessante Frage nicht, warum sie ihre abweichende Position<br />

nicht artikuliert, sondern wie sich ihre abweichende Position entwickelt hat. Die Selbstverständlichkeit<br />

mit der andere Befragte wie Frau Schäfer (KS6) an mehreren Stellen berichtet, dass nicht<br />

nur alle ihre fünf Geschwister SPD-Anhänger sind, sondern auch ihre Kinder <strong>und</strong> Enkel, macht<br />

deutlich, dass eine Person, die in einem solch homogenen Milieu eine andere politische Position hat,<br />

eine deutlich normabweichende Einstellung hat <strong>und</strong> sich mit einem Outing in die Situation einer<br />

dauerhaften, potentiellen Außenseiterin begeben würde. Frau Richter teilt ihre Parteineigung zwar<br />

dem fremden Interviewer gegenüber offen <strong>und</strong> amüsiert mit. Die sonst geheime Freude motiviert<br />

aber nicht ihre Entscheidung, sondern vor allem die Vermeidung der negativen Folgen der Nonkonformität<br />

im dörflichen Umfeld.<br />

In vielen Fällen lässt sich feststellen, dass die Geschwister Ähnlichkeiten in gr<strong>und</strong>legenden Einstellungen<br />

wie der Parteineigung <strong>und</strong> dem politischen Interesse aufweisen. Dies ist sowohl bei den<br />

Befragten der Fall, die stärker interessiert <strong>und</strong> klar einem politischen Milieu zuzuordnen sind, als<br />

auch bei denjenigen die eher politikfern sind wie Frau Becker (KS3), für die Politik im Alltag keine<br />

große Rolle spielt:<br />

KS3_1 (186)<br />

INTERVIEWER: Wie ist das mit ihrer Schwester?<br />

FRAU BECKER: Da sprechen wir überhaupt nicht über Politik. Nur gerade was so aktuell,<br />

dann, was man so zusammen mal sieht (…) oder so, ne (…) sonst nicht. Ich<br />

weiß auch nicht was die wählen.<br />

INTERVIEWER: Da fragen Sie auch nicht nach?<br />

FRAU BECKER: Ne, da frag ich auch nicht nach. ... Absolut nicht.<br />

Frau Becker nimmt in einigen Passagen eine klare <strong>Geschlecht</strong>erzuordnung des Politischen vor <strong>und</strong><br />

beschreibt sich selbst als politisch schlecht informiert <strong>und</strong> uninteressiert. Ein vergleichbares Muster<br />

zeigt Frau Wolf (E.7, 228), bei der der Einfluss der Geschwister in der politische Sozialisation im<br />

weiteren Lebensverlauf ist.<br />

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