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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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wissenschaftlichen Wahlforschung dargstellt wurde 35 , der Rang eines metatheoretischen Rahmens<br />

zugebilligt, der für die Verbindung verschiedener Theorien geeignet ist <strong>und</strong> eine systematische<br />

Entwicklung von Theorien erlaubt. Das Verständnis von geeigneten Handlungstheorien für die<br />

Integration <strong>und</strong> Neuentwicklung von Theorien ist von einer Skepsis gegenüber reinen Rational<br />

Choice Ansätzen geprägt. Diese bergen die Gefahr, zu abstrakten, empirisch gehaltlosen <strong>und</strong> daher<br />

zu allgemeinen Theorien zu führen. Die Kritiker erklären die Notwendigkeit einer ergänzenden<br />

Einbindung von Theorien mittlerer Reichweite, welche einen begrenzten sozio-kulturellen Geltungsanspruch<br />

haben (Kelle 2001a & b). Diese Position ist durch eine pragmatische Offenheit gegenüber<br />

unterschiedlichen methodischen Zugängen gekennzeichnet (Kelle & Erzberger 1999; Kelle<br />

2001b). Gr<strong>und</strong>sätzlich fordern die Kritiker die Integration qualitativer Forschungsarbeiten, um<br />

umfangreiches alltagsweltliches Wissen schaffen 36 . Dieses schütze vor der Entwicklung wirklichkeitsferner<br />

Modelle <strong>und</strong> der Interpretation von Ergebnissen, die ausschließlich auf quantitativen<br />

Daten beruhen, letztlich also auf Gewohnheitsheuristiken des Alltagswissens der beteiligten Forscher<br />

(Kelle 2001a). Diese sollten durch systematische qualitative Forschungen ersetzt werden,<br />

welche eine objektivere Gr<strong>und</strong>lage der Theoriebildung ermöglichen würden (Erzberger 2001). Die<br />

Bedeutung einer systematischen Einbindung der Lebenswelt erscheint im Forschungsfeld <strong>Alter</strong>(n)<br />

in besonderem Maße von Bedeutung, da die heterogenen <strong>Alter</strong>(n)seffekte stark von soziostrukturellen<br />

Differenzen <strong>und</strong> ihren Auswirkungen geprägt sind (Kaiser 2007).<br />

Der Zugriff auf Handlungsmodelle erfolgt auch mit dem Ziel heterogene Theorien, die unterschiedliche<br />

Erklärungsebenen in den Mittelpunkt stellen, zu verbinden. Mayer <strong>und</strong> Diewald (2007, 518;<br />

vgl. Settersten 1999, 23) erklären die typischen Modelle der Entwicklungspsychologie zu Modellen<br />

von „agency without structure“, während in der Soziologie Modelle von „structure without agency“<br />

vorherrschen. Sie sehen aber, nicht zuletzt in der Verbindung mit Handlungstheorien, zunehmend<br />

Ansätze, die „agency within structure“ als Zielsetzung haben 37 .<br />

Die Wichtigkeit sozialstruktureller Unterschiede wird in den sozialwissenschaftlichen <strong>Alter</strong>(n)sdebatten<br />

besonders hervorgehoben (vgl. Naegle 1998; Backes & Clemens 2000b) <strong>und</strong> als<br />

Mangel der auf das Individuum ausgerichteten, gerontopsychologischen Theorien kritisiert (Backes<br />

& Clemens 2003, 136). Soziale Ungleichheiten <strong>und</strong> Ressourcenunterschiede im <strong>Alter</strong> haben vielfältige<br />

Effekte auf <strong>Alter</strong>(n). Die mangelhafte Berücksichtigung von Parametern sozialer Ungleichheit<br />

stellte in der bisherigen Forschung einen Mangel dar. Da Zusammenhänge der Sozialstruktur eben-<br />

35 Vgl. die Abschnitte 3.1.3. <strong>und</strong> 3.1.6..<br />

36 Diese Debatte berührt gr<strong>und</strong>legende theoretische <strong>und</strong> methodologische Streitfragen in der Soziologie <strong>und</strong> in<br />

den Sozialwissenschaften im Allgemeinen (Kelle & Lüddemann 1995, Lindenberg 1996, Kelle & Erzberger<br />

1999; vgl. auch Küchler 1983; Esser 1987), welche sich im Bereich der <strong>Alter</strong>(n)ssoziologie nachvollziehen lässt<br />

(Kelle 2000, 2001a, b & c; Kluge 2001; Amrhein 2004a).<br />

37 Amrhein (2004a) schlägt eine Verbindung scheinbar unvereinbarer sozialstrukturell <strong>und</strong> subjektorientiert<br />

argumentierender, alter(n)ssoziologischer <strong>und</strong> psychogerontologischer Erklärungsansätze vor. Bisher ist eine<br />

solche Verbindung problematisch, da die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne <strong>und</strong> die darauf aufbauende<br />

differentielle Gerontologie den Einfuß sozialer Strukturen weitgehend ignorieren <strong>und</strong> nicht theoretisch<br />

einbinden (ebenda, 55), während die <strong>Alter</strong>(n)ssoziologie die Ergebnisse der Psychogerontologie nicht einbindet<br />

<strong>und</strong> durch den mehrheitlichen Rückgriff auf Umfragedaten (<strong>und</strong>) aufgr<strong>und</strong> der „Grobheit“ ihrer Instrumente<br />

keine ganzheitliche Lebensrealität erfassen kann (ebenda, 57).<br />

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