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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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lisierung der NS-Normen sollte erfolgen, ohne dass diese als politisch bewusst wahrgenommen<br />

wurden.<br />

Rosenthal (1986, 69) fasst die NS-Sozialisationsziele in den Kurzformeln zusammen:<br />

- „Der Alltag ist unpolitisch, <strong>und</strong> Politik wird von oben gemacht<br />

- Politik wird von Männern gemacht, <strong>Frauen</strong> sind genuin unpolitisch<br />

- <strong>Frauen</strong> agieren im politischen, gesellschaftlichen Bereich höchstens stellvertretend für Männer<br />

-<strong>Frauen</strong> sind in der Lage, Männerarbeiten in Krisenzeiten zu übernehmen, doch ihre eigentliche<br />

Bestimmung liegt im privaten familialen Bereich„<br />

Das nationalsozialistische Bild der <strong>Frauen</strong> bleibt jedoch „recht vage <strong>und</strong> in sich widersprüchlich“<br />

(Rosenthal 1987, 55). Erhebliche Widersprüche der weiblichen Handlungspraxis der Jugend in den<br />

Kriegsjahren mit dem vormals propagierten <strong>Frauen</strong>bild hervor, wie der weit verbreiteten Tätigkeit<br />

von <strong>Frauen</strong> während des Krieges in Wirtschaft <strong>und</strong> Landwirtschaft (Bajohr 1980). In solchen Widersprüchen<br />

zwischen Propaganda <strong>und</strong> dem alltäglichen Leben ist ein weiteres Element des Sozialisationsklima<br />

des Nationalsozialismus zu sehen (vgl. auch Klafki 1989).<br />

7.2.9 Auswirkungen des Ende des zweiten Weltkriegs <strong>und</strong> der NS-Zeit<br />

Das Ende des zweiten Weltkrieges <strong>und</strong> damit des Nationalsozialismus verkörpert einen „Strukturbruch“<br />

(Fogt 1987, 76) der politischen Sozialisation. Als kleinsten gemeinsamen Nenner der Generation<br />

nach dem „Zusammenbruch“ ist das das Bewusstsein der verlorenen Jahre (Schörken 1990,<br />

139) <strong>und</strong> damit eine um die Jugend betrogene Generation zu sein (Rosenthal 1987, 17). Schörken<br />

(1990, 109) findet in einer Analyse von Tagebuchaufzeichnungen keine Hinweise, „dass der Nationalsozialismus<br />

als Orientierungsmaßstab das Jahr 1945 überlebt hat“, vielmehr wird die Niederlage<br />

„wird als Faktum akzeptiert“ <strong>und</strong> „nationalsozialistische Ideologie spielt bei den hier behandelten<br />

<strong>Alter</strong>sstufen keine identifizierbare Rolle“ (ebenda, 137). Es habe eine Abgrenzung zum Nationalsozialismus<br />

stattgef<strong>und</strong>en, die die Individuen vor die Aufgabe stellt auch Diskontinuitäten <strong>und</strong> Brüche<br />

in ein Gefühl der Lebenskontinuität einzuordnen (vgl. Puhlmann, Pilzer & Rosenthal 1987, 372) 68 .<br />

Schörken (1990, 108) weißt daraufhin, dass eine „solche Einordnung ist ein Akt der Selbsinterpretation,<br />

der in Form einer unbewussten Selbstrechtfertigung verlaufen kann“ <strong>und</strong> dass seine Analysen<br />

daraufhin deuten, dass bei der Jugend deutschen Nachkriegszeit der „Nicht NS-Bestandteil“<br />

wird als das Kontinuitätselement der Person geworden sei. In vergleichbarer Argumentation geht<br />

Rosenthal (1987, 95f. <strong>und</strong> 343) davon aus, dass Personen, die auf andere Rollenidentitäten zurückgreifen<br />

können, können eine intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit vermeiden in<br />

dem sie diese anderen Rollen stärker in den Mittelpunkt der Identität bringen. Dieser Akt der identitären<br />

Neubestimmung bedeutet auch, dass andere Elemente der Identität in den Hintergr<strong>und</strong><br />

68 Dieses greift unmittelbar auf das zentrale Argument der Kontinuitätstheorie der <strong>Alter</strong>(n)sforschung zurück,<br />

wie es in dieser Arbeit mit der Position von Atchley eingeführt wurde (vgl. Abschnitt 4.2.4.).<br />

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