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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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siedelte sie sich in die nordhessische Heimat ihres Mannes, eines Eisenbahners, an. Nach dem Tod<br />

des Mannes zog sie in den ca. 60 Kilometer entfernten Wohnort ihrer Tochter. Frau Schneider ist<br />

das älteste von vier Kindern eines Polizeibeamten, welcher 1947 in einem Lager in Ostdeutschland<br />

verstarb.<br />

Frau Schneider ist politisch nicht interessiert. Sie charakterisiert sich als Wechselwählerin, die<br />

bisweilen auch mal vergisst zur Wahl zu gehen. Ihr familiäres Umfeld in Nordhessen besteht aus<br />

überzeugten SPD-Wählern. Nach eigenen Aussagen wählte Frau Schneider gelegentlich heimlich die<br />

CDU, um gegen ihren Mann zu opponieren. Auch nach seinem Tod wählt sie gelegentlich die CDU,<br />

aber auch die SPD. Klare Entscheidungskriterien lassen sich im Interview nicht herausarbeiten,<br />

aber es wird deutlich, dass die Einschätzung der Kandidaten eine Rolle spielt.<br />

Wegen des geringen Interesses der Befragten an Politik ist die Steuerung des Interviews nicht ohne<br />

Probleme. Frau Schneider verhält sich zurückhaltend. An mehreren Stellen des Feldkontaktes äußert<br />

sich die Befragte vage über Aspekte der Vergangenheit. Sowohl die sehr knappe Darstellung<br />

der Rolle ihres Vaters im Vorgespräch wie auch an mehreren Stellen im Interview <strong>und</strong> im Nachgespräch<br />

angesprochenen „Trecks“ <strong>und</strong> „Russen“ hat der Interviewer das Gefühl, dass zweideutig<br />

kommuniziert wird. Von Nachfragen wurde an diesen Stellen bewusst abgesehen.<br />

Der Kontakt zu Frau Schneider wurde über ihren Enkelsohn hergestellt, der seine Oma als nicht<br />

politisch interessiert beschrieben hatte. Frau Schneider wurde nur zur zweiten Feldphase im B<strong>und</strong>estagswahlkampf<br />

2005 befragt<br />

9.8 Brandenburg 1 Frau Müller<br />

Frau Müller wurde 1917 in Berlin-Schöneberg geboren. Sie hat zwei Brüder, davon einen aus der<br />

ersten Ehe des Vaters, einem Lokführer. Frau Müller hat nach ihrem Volksschulabschluss als Köchin<br />

<strong>und</strong> Haushälterin in einem Schulungsheim gearbeitet. Ihre Brüder sind Konditor <strong>und</strong> Bankkaufmann.<br />

Frau Müller heiratete einen Berufssoldaten. Diese Ehe wurde ein Jahr später geschieden.<br />

1937 heiratete Frau Müller ihren zweiten Mann, einen Tischler, <strong>und</strong> zog in das ländliche Dorf. Ihr<br />

zweiter Mann verstarb 1966. Aus der zweiten Ehe stammt ihr Sohn, der ebenfalls Tischler ist. Frau<br />

Müller war Mitglied der Evangelischen Kirche, trat aber aus dieser mit der Mitgliedschaft beim<br />

BDM aus. Später war sie Mitglied der SED.<br />

Das politische Interesse <strong>und</strong> die Kenntnisse über Politik sind bei der Befragten gering. Das Interview<br />

mit Frau Müller kam spontan nach der Kontaktaufnahme mit der Heimleitung zustande. Es<br />

wurde ohne die bei den anderen Interviews eingehaltene Vorlaufphase durchgeführt, was sich für<br />

die Interviewsteuerung als nachteilig erwies. Frau Müller weist nachdrücklich daraufhin, dass sie<br />

nur in dem <strong>Alter</strong>sheim lebt, da ihr Haus vor einem halben Jahr abgebrannt ist. Sie äußert mehrfach<br />

sich in dem Heim zwar gut aufgehoben zu fühlen. Allerdings könne sie mit der großen Mehrheit der<br />

Bewohner wegen deren teilweise erheblichen <strong>Alter</strong>sbeeinträchtigungen wenig anfangen. Frau Müller<br />

sieht altersbedingt schlecht.<br />

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