Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Die Unterschiede in den Theorien liegen nicht zuletzt in dem Bezug auf unterschiedliche Abschnitte<br />
des individuellen <strong>Alter</strong>nsprozesses <strong>und</strong> in einer differierenden Auffassung darüber, welches Konzept<br />
des <strong>Alter</strong>(n)s als normatives Ideal einer Gesellschaft gelten soll. Die Ablehnung eines mit der<br />
Zuschreibung von Defiziten verb<strong>und</strong>enen <strong>Alter</strong>(n)sbildes, dass vermeintlich negative Elemente<br />
hervorhebt, wie dies als Kritik am Disengagementansatz geäußert wurde, beinhaltet die Gefahr<br />
eines möglicherweise positiv überzeichneten <strong>Alter</strong>nsbild, dass Normen der Aktivität <strong>und</strong> „Jugendlichkeit“<br />
des <strong>Alter</strong>s über individuelle Bedürfnisse nach Kontemplation <strong>und</strong> Würde stellt. Diese Fragen<br />
sind in der angewandten Gerontologie, im Bereich der Gerontologie <strong>und</strong> als soziologische Gegenwartsdiagnostik,<br />
also den primären Adressatenfeldern der <strong>Alter</strong>(n)stheorien von Bedeutung<br />
<strong>und</strong> umfassend diskutiert 53 . Zugleich bedeutet der theoretische <strong>und</strong> empirische Umgang mit dem<br />
Bereich <strong>Alter</strong>(n) eine Herausforderung, da <strong>Alter</strong> nicht nur eine soziale Eigenschaft, sondern auch<br />
ein vielschichtiges Phänomen mit komplexen biologischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> kulturellen Bedeutungen<br />
ist. Dies hat zur Folge, dass sich sozialwissenschaftliche Arbeiten immer auch Ausblendungen<br />
dieser Ebenen leisten müssen, die im Idealfall bewusst erfolgen sollten. Die Gefahr der Fortschreibung<br />
von unhinterfragten Alltagsstereotypen <strong>und</strong> impliziten Normen stellt sich bei derart komplexen<br />
Phänomenen in besonderem Maße.<br />
Das metatheoretische Modell der Selektion, Optimierung <strong>und</strong> Kompensation ist ein geeigneter theoretischer<br />
Rahmen für die gerontologischen Theorien. Das dem Ansatz zugr<strong>und</strong>eliegende Verständnis<br />
eines lebenslangen Entwicklungsprozesses, der durch eine sich verschiebende Ressourcenausstattung<br />
gekennzeichnet ist, verbindet eine allgemeine Theorie des <strong>Alter</strong>(n)s mit der Ebene<br />
individuellen Handlungen <strong>und</strong> Entscheidungen. Daher ist es gut geeignet die Veränderungen politische<br />
Partizipation in <strong>Alter</strong> beschreibbar zu machen <strong>und</strong> eine theoretische Erklärung dieser Veränderungen<br />
zu strukturieren.<br />
6.3 Dimension <strong>Geschlecht</strong><br />
<strong>Geschlecht</strong> ist ähnlich wie <strong>Alter</strong>(n) eine Gr<strong>und</strong>struktur menschlichen Daseins <strong>und</strong> ebenfalls ein<br />
biologisches Phänomen, welches sozial <strong>und</strong> kulturell eingebettet ist. Vergleichbar zu der Heterogenität<br />
insbesondere des hohen Lebensalters lassen sich große Varianzen in der Bedeutung der Zugehörigkeit<br />
zu einem <strong>Geschlecht</strong> ausmachen. Im Gegensatz zum <strong>Alter</strong>(n) gibt es aber wenig plausible<br />
Vorannahmen, die für einen Einfluss biologischer Unterschiede zwischen Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />
auf die politische Aktivität sprechen. Die feststellbaren <strong>Geschlecht</strong>erunterschiede sind auf soziale,<br />
kulturelle <strong>und</strong> sozialstrukturelle Ursachen zurückzuführen. Die durch Sozialisation vermittelten<br />
53 Für einen Transfer in den Bereich der politischen Partizipation bedeutet dies vor allem eine normative,<br />
damit demokratietheoretische, Herausforderung. Diese Arbeit kann <strong>und</strong> will diese Herausforderung ausklammern,<br />
da es sich um eine Fragestellung handelt, die unabhängig von den Fragen nach demWissen über politische<br />
Partizipation <strong>älterer</strong> <strong>Frauen</strong> wissen sowie der Plausibilität der Zugänge <strong>und</strong> Theorien über Ursachen<br />
dieser Partizipationsmuster zur Verfügung stehen ist.<br />
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