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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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Das Problem des biographischen Erinnerns <strong>und</strong> der retrospektiven Erhebung von Lebensläufen ist<br />

eine methodische <strong>und</strong> interpretatorische Herausforderung, die bei der Analyse des Verhältnisses<br />

unterschiedlicher Sozialisationseinflüsse im Einzelfall besonders deutlich zu Tage tritt. Dies liegt im<br />

Kern daran, dass sich die Befragten <strong>und</strong> ihre jeweilige Biographie im Interview kohärenter waren,<br />

als dies möglicherweise wirklich der Fall ist. Die Aufrechterhaltung <strong>und</strong> kontinuierliche Konstruktion<br />

des Selbstbildes kann bedeuten, dass im Lebensverlauf unbewusste biographische Anpassungen<br />

erfolgen (Levy 1977, 37) 118 . Diese setzten sich auch in der Situation des Interviews fort 119 . Von<br />

Bedeutung kann hier sein, dass der Interviewer als Adressat der Selbstdarstellung einen verzerrenden<br />

Effekt hat, der zu einer an die antizipierten Erwartungen angepassten Darstellung <strong>und</strong> Gewichtung<br />

der einzelnen Sozialisationsinstanzen führt. Darüber hinaus gibt es Probleme der retrospektiven<br />

Erinnerung, welche zu Erinnerungsunterschieden <strong>und</strong> Verzerrungen führen können<br />

(Reimer 2003, 30). Diese Erinnerungslücken können nur teilweise durch die Mehrfachbefragung<br />

ausgeglichen werden. Ein weiteres Problem ist, dass für die Befragten die einzelnen Sozialisationsinstanzen<br />

einen unterschiedlichen Stellenwert haben, der sich auch im Volumen des Interviewmaterials<br />

niederschlägt.<br />

10.3.1 Sozialisation im Elternhaus<br />

Bei der Analyse der Sozialisationsinstanz Elternhaus ist zunächst die Rolle von Politik im Elternhaus<br />

<strong>und</strong> die gr<strong>und</strong>legenden politischen Einstellungen zu berücksichtigen. Hat Politik eine besondere<br />

Bedeutung gehabt, waren die Eltern beispielsweise sehr stark oder eher wenig an Politik interessiert?<br />

Welche(s) Bild(er) von Politik gab es im Elternhaus? Daneben ist vor allem von Interesse,<br />

welche politischen Einstellungen die Eltern hatten. Ebenfalls von Bedeutung ist, wie diese Einstellungen<br />

deutlich wurden <strong>und</strong> ob diese im Elternhaus homogen waren. Von besonderem Interesse ist<br />

auch die Nähe zu, Identifikation mit oder Ablehnung von bestimmten milieuspezifischen Organisationen.<br />

Hierzu gehören neben Kirchen, Gewerkschaften, Vereinen oder Verbänden auch Parteien<br />

oder soziale Bewegungen. In der Stichprobe sind einige Befragte vertreten, die einen klaren Bezug<br />

zu einem politischen Milieu herstellen. Besonders deutlich wird dies bei SPD-nahen Befragten wie<br />

Frau Schäfer (KS6_1) oder Frau Wolf (E7_1)<br />

E7_1 (199)<br />

FRAU WOLF: Ja mein Vater war auch ein ganz alter SPDer!<br />

118 Die Überlegung der Kontinuität des Selbstbildes hat große Überschneidungen mit dem theoretischen Ausgangspunkt<br />

der Kontinutitätsthese des <strong>Alter</strong>(n)s von Atchley (1999) (s.o.).<br />

119 Fischer <strong>und</strong> Kohli (1987, 19) bringen dies als ein Wesensmerkmal biographischer Forschung auf den<br />

Punkt: „jede Thematisierung des Lebens stellt eine Selektion dar“.<br />

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