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Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA

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7.2.13 Lebenslange Sozialisation <strong>und</strong> Lebensverläufe in der DDR<br />

Versucht man die Auswirkungen der lebenslangen politischen Sozialisation von heute älteren <strong>Frauen</strong><br />

in der DDR zu analysieren ist man daher leider auf Spekulationen angewiesen, welche durch den<br />

Bezug verschiedene Forschungsliteratur plausibilisiert werden können. Zu den hier besonders zu<br />

berücksichtigenden Forschungsquellen zählen Ergebnisse der Oral History <strong>und</strong> der Lebensverlaufsforschung.<br />

Unter Oral History wird ein Zugang der Zeitgeschichte verstanden, welcher Interviews<br />

mit Zeitzeugen als primären methodischen Zugang wählt (Niethammer 1980, 2007; Brüggemeier<br />

1987). Die Methode hat nach Niethammer (1980, 352) ein dreifache Zielsetzung: die Erforschung<br />

einer Sozialgeschichte des Alltags, die Untersuchung subjektiver Wahrnehmungen <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

sowie die Demokratisierung der Geschichtsschreibung 77 . Neben den bereits angeführten Arbeiten<br />

von Wierling (1994, 2000, 2004) ist insbesondere das Oral History Projekt von Niethammer,<br />

von Plato <strong>und</strong> Wierling (1991) zu nennen. In diesem einzigartigen Projekt haben westdeutsche<br />

Forscher in ausgewählten Orten der DDR der späten achtziger Jahre umfangreiche Feldforschungen<br />

durchgeführt. Das Projekt wurde als Ergänzung zu dem Vorläuferprojekt „Faschismuserfahrung im<br />

Ruhrgebiet“ (Niethammer 1986) <strong>und</strong> konzentriert sich wie dieses auf Arbeiter <strong>und</strong> deren Verarbeitung<br />

von Faschismuserfahrung. Der Vorteil der biographisch angelegten Interviews liegt in dem<br />

durch den historischen Umbruch unverstellten Blick auf die DDR <strong>und</strong> eine Rekonstruktionsmöglichkeit<br />

der Bedingungen der Nachkriegszeit der DDR, wobei Verzerrungen durch die Auswahlbedingungen<br />

der Stichprobe, welche dokumentiert sind, zu berücksichtigen sind. Niethammer, von<br />

Plato <strong>und</strong> Wierling (1991) arbeiten heraus, dass es für die Generation der Kriegskinder in der<br />

Frühphase der DDR gute Aufstiegsmöglichkeiten gegeben hat, da durch aufgr<strong>und</strong> der Abwanderung<br />

bürgerlicher Bevölkerungsgruppen <strong>und</strong> der Ausdünnung der Jahrgänge durch die Kriegstoten für<br />

politisch unbelastete bis regimekonforme Personen ein beruflicher Aufstieg im Rahmen der Möglichkeiten<br />

oder sogar die Regel war (Niethammer 1991,44f.). Der Mangel an Arbeitskräften bewirkte<br />

auch dass eine Vielzahl von <strong>Frauen</strong> beruflich aufstieg. Dennoch sind erhebliche <strong>Geschlecht</strong>erunterschiede<br />

in den realen Aufstiegsmöglichkeiten feststellbar (Niethammer 1994, 102). Die beruflichen<br />

Aufstiegsmöglichkeiten für <strong>Frauen</strong> waren auch in der DDR, wenn auch nicht so stark wie in<br />

Westdeutschland, im Vergleich zu den Männern beschränkt. Im Vergleich zu Westdeutschland ist<br />

der hohe Grad an Vollbeschäftigung unter der weiblichen Bevölkerung bedeutsam. Die Tätigkeit als<br />

Facharbeiterin ist für die von Niethammer, von Plato <strong>und</strong> Wierling untersuchte Gruppe wie auch<br />

für die empirisch analysierte stehende Jahrgangsgruppe dieser Arbeit sowohl Norm als auch Regel<br />

gewesen 78 . Für die Rolle der <strong>Frauen</strong> in der Gesellschaft der DDR nennen Niethammer <strong>und</strong> Kollegen<br />

77 Das methodische Vorgehen der qualitativen Sozialforschung zu zurechnen. Niethammer (2007, 64) umschreibt<br />

den methodischen Zugang: „Das sind keine narrativen Interviews, sondern ein artifizielles mixtum<br />

compositum von Stimulierungen unterschiedlichster Gedächtnisleistungen, die im Erfolgsfalle … gesellschaftszugewandte<br />

Ausformungen der Subjektivität, Daten, Erfahrungsbildungen <strong>und</strong> szenische Anekdoten, Erinnerungsmoleküle“<br />

evozieren.<br />

78 Die Interpretationen führen im Idealfall zu thesenartigen Aussagen, welche weit über den Einzelfall hinaus<br />

Geltung beanspruchen können. So kommt Wierling (in Niethammer, von Plato & Wierling 1991, 574) kommt<br />

in der Analyse einer weiblichen Befragten zu einer Interpretation, welche als für die von mir untersuchten<br />

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