Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und ... - KOBRA
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Modell von Fishbein <strong>und</strong> Ajzen erklärt werden. Als theoretische Erklärung des Einflusses der Familienbeziehungen<br />
sind Bindungstheorien geeignet (Hopf & Hopf 1997, 51ff.). Die Bindungsforschung<br />
legt nahe, dass Menschen, die in der Kindheit unsichere Bindungen erfahren haben, in späteren<br />
Lebensphasen eher geringere Ressourcen <strong>und</strong> Flexibilität bei der Bewältigung von Konflikten, geringere<br />
emphatische Fähigkeiten <strong>und</strong> ein niedrigeres Selbstwertgefühl haben sowie in sozialen<br />
Beziehungen mit Gleichaltrigen eher zu Dominaz-Unterordnungs-Konstellationen tendieren (Hopf<br />
& Hopf 1997, 53). Dies lässt sich auf den Bereich politischer Orientierungen übertragen. Die Annahme,<br />
dass vorpolitische Dispositionen, die auf Beziehungserfahrungen <strong>und</strong> Art der Bindungen in<br />
der Kindheit zurückgehen später explizit politische Einstellungen von Jugendlichen <strong>und</strong> jungen<br />
Erwachsenen beeinflussen gilt empirisch für den Bereich autoritärer Einstellungen <strong>und</strong> die Verinnerlichung<br />
von Normen als nachgewiesen (Hopf & Hopf 1997, 79). Diese Erfahrungen wirken über<br />
die Persönlichkeitsdimensionen, während politische Einstellungen direkter vermittelt werden.<br />
Zu den am besten untersuchten Bereichen der langfristigen Stabilität von Einstellungen zählt die<br />
Parteineigung (Jennings 1989, 323ff.; vgl. Cutler 1977a, 312f; Abrahamson 1979; Converse 1976).<br />
Parteineigung gehört mit der Wahlabsicht <strong>und</strong> der Bewertung des politischen Personals zu den<br />
Einstellungen, die sich als vergleichsweise stabil über längere Zeiträume erwiesen (Jennings 1989,<br />
313). Andere Einstellungen wie Vertrauen in das System, die Regierung oder politische Institutionen<br />
unterliegen deutlich stärker Periodeneinflüssen (Jennings 1989, 346) 13 .<br />
In die vorliegenden Theorien politischer Sozialisation wird ein dynamischer, interaktiver Effekt der<br />
retroaktiven Sozialisation von den Kindern auf die Eltern bisher nicht berücksichtigt (Geißler<br />
1996, 54; vgl. Greifenhagen 2002, 414). Die Analyse solcher Effekte birgt auf der Individualebene<br />
die Möglichkeit der Lebenswelt der Befragten gerecht zu werden, die sich beispielsweise in Issueprioritäten,<br />
aber auch in einer Form des nachholenden Wertewandel niederschlagen könnte.<br />
Auf der Makroebene einer Gesellschaft sind so auch Folgen auf intergenerationale Konflikte denkbar,<br />
wobei sowohl abschwächende wie verstärkende Konstellationen denkbar erscheinen. Als bestätigt<br />
gilt, dass keine einfache Weitergabe von Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltenserwartungen erfolgt,<br />
sondern dass zwischen den Kindern <strong>und</strong> Eltern Interaktionseffekte vorliegen (Delli Carpini 1989,<br />
13). Interaktionseffekte sind auch zwischen den Sozialisationsinstanzen anzunehmen. Diese Interaktionseffekte<br />
in der politischen Sozialisation stellen für die Analyse der Stärke von Lebenszyklus-,<br />
Generation- <strong>und</strong> Periodeneffekten eine zusätzliche Verzerrung dar. In wie weit systematische Effekte<br />
angenommen werden können ist bisher unklar. Ähnlich wie bei der Kof<strong>und</strong>ierung der <strong>Alter</strong>seffekte<br />
Generation, Lebenszyklus <strong>und</strong> Periode stellt die Aufgabe bei älteren Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
die Einflüsse der Familie <strong>und</strong> den anderen Sozialisationsinstanzen Schule, Gleichaltrige <strong>und</strong><br />
Massenmedien zu isolieren ein gr<strong>und</strong>sätzliches Problem <strong>und</strong> eine Herausforderung für empirische<br />
Arbeiten dar (Geißler 1996, 65). Neben der Familie gehört vor allem die Schule zu den bedeutenden<br />
Sozialisationsinstanzen. Die Schule wie auch staatliche Jugendorganisationen stellen in der<br />
13 An diesem Punkt wird die Filterfunktion der Parteineigung deutlicher, die von verschiedenen Autoren ausgemacht<br />
wird.<br />
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