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Hörspiel. Form und Funktion.

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Gestaltung setzt einen Gegenstand voraus, der gestaltet werden soll, einen Inhalt, dem<br />

man eine <strong>Form</strong> gibt. Diese <strong>Form</strong> ist nicht denkbar ohne den ihr zugeordneten<br />

Gegenstand, <strong>und</strong> dieser wiederum erhält durch die <strong>Form</strong> eine <strong>Funktion</strong>: er soll mitteilbar<br />

werden <strong>und</strong> durch die Mitteilung wirksam. Gestaltung zielt also auf ein Publikum, ist ein<br />

publizistischer Akt. Die Mannigfaltigkeit der Inhalte von <strong>Hörspiel</strong>en <strong>und</strong> der ihnen<br />

gemäßen <strong>Form</strong>en im Hinblick auf mögliche Hörerwirkungen will dieses Buch aufzeigen.<br />

Das <strong>Hörspiel</strong> steht nicht isoliert in der Zeit. Seine Autoren sind zugleich die Autoren der<br />

Schaubühne, des Romans <strong>und</strong> der Lyrik, neuerdings auch schon des Fernsehspiels.<br />

Bemerkenswert ist, daß einige der fruchtbarsten Mitglieder der »Gruppe 47« entweder<br />

schon vor den Tagen des Dritten Reiches zum R<strong>und</strong>funk gekommen sind wie Günter<br />

EICH <strong>und</strong> Wolfgang WEYRAUCH, oder nach 1945 zu ihm gef<strong>und</strong>en haben wie Ilse<br />

AICHINGER, Alfred ANDERSCH, Ingeborg BACHMANN, Heinrich BÖLL, Hans Magnus<br />

ENZENSBERGER, Wolfgang HILDESHEIMER, Wolfdietrich SCHNURRE <strong>und</strong> Martin<br />

WALSER. Ihnen allen ist, bei aller Vielgesichtigkeit des Schaffens einzelner, gemeinsam,<br />

daß sie nicht im Artistischen aufgehen, sondern »engagierte« Schriftsteller sind,<br />

Persönlichkeiten, die um Klärung, um ein tieferes Selbst- <strong>und</strong> Weltverständnis ringen <strong>und</strong><br />

im dichterischen Wort den Schlüssel gef<strong>und</strong>en haben zu den W<strong>und</strong>ern, die hinter der<br />

Oberfläche der Erscheinungen <strong>und</strong> Gesichter liegen <strong>und</strong> nur in Gesichten zu erahnen<br />

sind. Gesichte aber sind - im geheiligten Bezirk des verkündenden Wortes - die<br />

vornehmste Domäne des <strong>Hörspiel</strong>s.<br />

Obwohl Männer <strong>und</strong> Frauen der Feder die Autoren der <strong>Hörspiel</strong>e sind, der Spiele also, die<br />

man lange Jahre als »funkisch«, besser aber als funkgerecht oder funkgemäß bezeichnet<br />

hat, sind die Worte funkgerecht <strong>und</strong> literarisch nicht gleichbedeutend. 1951 unterstrich<br />

Ludwig GIESZ, daß die Projektion von Erlebnissen in die Sphäre des Ohrs eine ganz<br />

spezifische Erlebnisweise darstellt.<br />

Der Begriff <strong>Hörspiel</strong> meint ein Spiel, das sich mit Hilfe modulierter elektrischer Wellen auf<br />

drahtlosem Wege einer unbegrenzten Anzahl von Hörern über Tausende von Kilometern<br />

hinweg mitteilen läßt. Der Spielcharakter des <strong>Hörspiel</strong>s läßt es als mehr oder minder stark<br />

von Wirklichkeitseindrücken <strong>und</strong> dem Studium sek<strong>und</strong>ärer Quellen gespeistes Phantasierprodukt<br />

seines Autors erscheinen. Er bedient sich in der Regel zunächst des Wortes,<br />

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