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Hörspiel. Form und Funktion.

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PONGS' Beitrag zur Poetik gipfelt in dem Satz: »Das Wort-Hörwerk beginnt sich im Umriß<br />

abzuzeichnen als ein Zwischengebilde sui generis zwischen reinem Phantasieraum wie in<br />

gelesener Dichtung <strong>und</strong> einem Wirklichkeitsraum für den Dialog wie im Bühnenspiel.«<br />

Wie dieser Wirklichkeitsraum freilich beschaffen sein könne oder müsse, erfährt man<br />

nicht. Vor dem inneren Zwiegespräch zwischen Gegenstand (!) <strong>und</strong> Hörer soll nicht nur<br />

der Dichter, sondern auch der R<strong>und</strong>funkapparat vergessen werden mittels einer neuen<br />

symbolischen » Abbreviatur der Wirklichkeit« wie in Kästners lyrischer Suite für Funk:<br />

»Leben in dieser Zeit«.<br />

Im Gegensatz zu Hardt erkennt Pongs den Eigenwert des <strong>Hörspiel</strong>s, das er lieber<br />

Hörwerk nennt, nicht in seiner optischen Vorstellbarkeit, sondern in dem Klang<br />

gewordenen Wort <strong>und</strong> seiner »nach innen führenden geistigen Bewegtheit, die auf ein<br />

den ganzen Menschen erfassendes Miterleben zielt, nicht nur auf das Aktivieren der<br />

Bildphantasie«. Für Pongs ist das Hörwerk eine merkwürdige Zwischenform zwischen<br />

Drama <strong>und</strong> Novelle <strong>und</strong> rückt damit in die Nähe des späteren epischen Theaters <strong>und</strong><br />

<strong>Hörspiel</strong>s.<br />

Die volle Unabwendbarkeit des Tragischen als gegenwärtiges existentielles Mißverhältnis<br />

im Dasein kann nach seiner Überzeugung nur in der »Gesamtgestalteinheit«, die die<br />

Bühne gibt, Überzeugungskraft bekommen. Gefordert wird das Zurücktreten der<br />

individuellen Charaktere hinter die »Lebensfragen des größeren Miteinander«, wodurch<br />

das <strong>Hörspiel</strong> zum Tendenzspiel wird. Freilich blickt Pongs, wenn er so formuliert, nur auf<br />

einen damals neuen, allerdings höchst funkgemäßen Typ des theaterfernen Hörwerks,<br />

wie er von fast allen Autoren vertreten wurde, von denen er im folgenden Werke<br />

analysiert, die eben erst entstanden waren.<br />

Die Sprache ist für Pongs nicht mehr Ausdruck des Individuums, sondern<br />

»Kulturschöpfung der Gemeinschaft«. Diese gewollte Entpersönlichung der<br />

Gesprächspartner war vom Expressionismus vorexerziert worden, der Kommunismus<br />

erhob sie zum Prinzip <strong>und</strong> der Nationalsozialismus benutzte sie dann vollends zur<br />

Aushöhlung des Individuums im Zeichen der »Gleichschaltung«. Von den besten<br />

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