28.02.2014 Aufrufe

Hörspiel. Form und Funktion.

Hörspiel. Form und Funktion.

Hörspiel. Form und Funktion.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

http://www.mediaculture-online.de<br />

Kritik von Polemik gr<strong>und</strong>sätzlich frei sein soll. Da Kritik aber Dienst am Publikum ist,<br />

besteht ihre Aufgabe, wie T. S. Eliot sehr einfach formuliert, darin, »das Verständnis der<br />

Literatur« (in unserem Falle also des <strong>Hörspiel</strong>s) »<strong>und</strong> die Freude an ihr zu fördern«. Ihre<br />

negative Aufgabe aber sei, » zu zeigen, woran man sich nicht freuen soll«. Günter Blöcker<br />

ergänzt diese Einsicht durch zwei kurze Sätze, die für den Hörer ebenso Gültigkeit haben<br />

wie für den Leser: »Dichtung ist nicht erklärbar, sie ist nur erfahrbar. Kein Interpret kann<br />

dem Leser die Erfahrung abnehmen.« Er kann nur im Sinne von Jean Pauls<br />

»vermittelnder Kritik« sein Erlebnis mitteilen, soll aber nicht erklären.<br />

Die <strong>Form</strong> eines <strong>Hörspiel</strong>s sollte nur in ihrer organischen Zugehörigkeit zu seinem Inhalt,<br />

als im Idealfall optimales Gefäß dieses Inhalts betrachtet werden. Kein Kritiker unserer<br />

Tage darf dem Autor diktieren wollen, was sein Werk soll, er muß ihn <strong>und</strong> sein Werk<br />

vielmehr fragen, was er will <strong>und</strong> dann darlegen, ob die zur Erreichung seines Zieles<br />

gebrauchten Mittel <strong>und</strong> Ausdrucksformen die richtigen waren, oder ob er sich selbst<br />

überfordert hat.<br />

So wenig der Kritiker mit dem eigenen Wissen, der eigenen Bildung prunken darf, so<br />

wenig soll der Autor beim Hörer ein Wissen voraussetzen, das über eine gewisse eigene<br />

Lebenserfahrung <strong>und</strong> Zeitverb<strong>und</strong>enheit hinausgeht. <strong>Hörspiel</strong>genuß soll kein Bildungs-, er<br />

soll ein Elementarerlebnis sein. Deshalb ist der beste Kritiker nicht der kenntnisreichste,<br />

sondern der erlebnisfähigste, vorausgesetzt, daß er über eine zureichende<br />

Allgemeinbildung, sicheren Instinkt, starkes Einfühlungsvermögen <strong>und</strong> einen guten Stil<br />

verfügt <strong>und</strong> weder welt- noch lebensfremd ist. Man kann die Tätigkeit des Kritikers nicht<br />

einfach reproduktiv nennen. Seine Arbeit ist nur im Informatorischen eine<br />

nachschaffende. Wo die Untersuchung beginnt, wird er schöpferisch, nur nicht dem Leben<br />

gegenüber wie der Dichter, sondern dem zu deutenden Gestaltungsprozeß gegenüber.<br />

Ernst Robert Curtius hat einmal gesagt. » Kritik ist die <strong>Form</strong> der Literatur, deren<br />

Gegenstand die Literatur ist«, <strong>und</strong> Benedetto Croce schrieb sogar: »Die Tätigkeit, die<br />

urteilt, ist wesentlich identisch mit der Tätigkeit, die hervorbringt.« Kritik also ist selbst ein<br />

Stück Literatur mit seinem eigenen Lebensgesetz.<br />

Man beobachtet neuerdings, daß viele Menschen, vor allem die jüngeren Jahrgänge, von<br />

den Massenmedien in erster Linie Orientierung, Lebenshilfe <strong>und</strong> damit Wirklichkeitsnähe<br />

261

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!