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Schaubühne spielt vor dem Zuschauer, für ihn, in ihn hinein, mittels ihm, die ›Hörbühne‹<br />
spielt abgelöst vom Zuschauer, für sich, gegen den Betrachter hin.«<br />
Als die »Gleichschaltung« des deutschen R<strong>und</strong>funks, die zum Glück nicht von heute auf<br />
morgen möglich war, sich auch auf das <strong>Hörspiel</strong>schaffen auszuwirken begann, vollzog<br />
sich verständlicherweise eine Einengung des Blickfeldes. Stimmen, die bisher Geltung<br />
hatten, wurden nicht mehr gehört, neue Stimmen verrieten den Einfluß des<br />
Reichspropagandaministeriums auf Inhalt <strong>und</strong> »Ausrichtung« <strong>und</strong> damit auch auf die<br />
<strong>Form</strong> des <strong>Hörspiel</strong>s. Eine Arbeit, die im dritten Jahr des Goebbelsfunks erschienen, aber<br />
wohl kurz nach Hitlers Machtergreifung entstanden ist, engt wohl auch schon die<br />
Fragestellung ein, aber keineswegs im Sinne der NS-Thesen: Ludwig WEGMANNS<br />
»Frage eines dramatischen <strong>Hörspiel</strong>s «. Der Verfasser sieht in seiner Dissertation in den<br />
sozialen, technischen <strong>und</strong> psychologischen Zusammenhängen die Rechtfertigung des<br />
<strong>Hörspiel</strong>s wie des Films. Das Schwergewicht liegt beim Wort. Der Rhythmus der Sprache<br />
ist wesentlich. Was innerlich anschaubar gemacht wird, tut seine Wirkung. Wegemann<br />
fordert für das <strong>Hörspiel</strong> Unendlichkeit in der Einheitlichkeit statt in der Mannigfaltigkeit,<br />
Unendlichkeit als völlige Überwindung der Raumgrenzen. Was außerhalb der Erfahrung<br />
liegt, bleibt unvorstellbar. Die Grenze des Abstrakten kann vom Hörer nicht überschritten<br />
werden, da ihm ein eigener Lebenszusammenhang zugewiesen ist, von dem aus er alles<br />
sieht <strong>und</strong> beurteilt. Die Einbeziehung der herbeizuführenden Hörerreaktion als Aufgabe<br />
des Autors ist vor Wegemann nie so ausführlich behandelt <strong>und</strong> so stark betont worden.<br />
Kurz nach dem Fühlbarwerden des Parteieinflusses auf die <strong>Hörspiel</strong>arbeit, im Jahre 1936,<br />
veröffentlichte Kurt PAQUÉ, der damalige Leiter der Abteilung Spielleitung des<br />
Reichssenders Breslau, sein Buch »<strong>Hörspiel</strong> <strong>und</strong> Schauspiel«. Er fordert für das<br />
chronologische Hörwerk, das Zeitereignisse <strong>und</strong> keine Einzeltatsachen darzustellen habe,<br />
»kurze Sätze, prägnante, schlagartige Worte, Rufe, Zahlen, unterstrichen <strong>und</strong> kontrastiert<br />
durch Geräusche wie Sirenengeheul, atemlose Stille, Schreie, Musik, Signale,<br />
Motorengedröhn«. Das gab es alles schon im dramatischen Expressionismus <strong>und</strong> dann<br />
wieder im »Hörfilm« der frühen Jahre. Das <strong>Hörspiel</strong> nennt Paqué erst an vierter Stelle.<br />
Sein Wirkungselement sei das Dramatische, seine Aufgabe die Erschaffung wahrhaftiger<br />
Charaktere, womit er sich selbst widerspricht. Die Akteinteilung wird verworfen, der<br />
häufige Schauplatzwechsel begrüßt. Eine Exposition gebe es beim <strong>Hörspiel</strong> nicht. Pausen<br />
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