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Hörspiel. Form und Funktion.

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Muß der Nurhörer, wofern die gesprochenen Worte einen Sprecher mit seiner Wesensart<br />

<strong>und</strong> seinem situationsbedingten Verhalten kennzeichnen, all das mit seiner Phantasie<br />

ergänzen, was hinter den Worten an personaler Wirklichkeit steht oder von ihr geahnt<br />

werden soll, so bedarf der Fernsehhörer der Phantasie, um die mangelnde Homogenität<br />

zwischen photographiertem Bild <strong>und</strong> Ton auszugleichen, die <strong>Form</strong>atsprünge nicht mehr<br />

als solche zu empfinden <strong>und</strong> sich durch die Beschränkung auf die Hell-Dunkel-Skala <strong>und</strong><br />

das flächenhafte Bild nicht stören zu lassen. Auch der reichliche Gebrauch von Blende,<br />

Schnitt ' Montage <strong>und</strong> allmählich auch des Playback-Verfahrens stellt bei beiden Medien<br />

Ansprüche an die rasche Schalt- <strong>und</strong> Kombinationsfähigkeit der Aufnehmenden.<br />

Wo das Fernsehen noch überwiegend abbildet, statt aus photographischen Bildelementen<br />

Substanz für eine Wesensschau zu erarbeiten, steht es hinter dem <strong>Hörspiel</strong> als dem<br />

vollkommensten Vermittler des Hintergründigen zurück. Einzig das konsequente<br />

Experiment mit der Durchstoßung <strong>und</strong> Verfremdung der »trivialen«<br />

Photographierwirklichkeit kann auch beim Fernsehen zur Schaffung einer eigenständigen<br />

künstlerischen Wirklichkeit führen.<br />

Die Frage, ob das Fernsehspiel das <strong>Hörspiel</strong> eines Tages verdrängen werde <strong>und</strong> könne,<br />

hat zu einer Kontroverse zwischen H. SCHWITZKE <strong>und</strong> G. PRAGER geführt. Beide lieben<br />

das <strong>Hörspiel</strong> als den Gegenstand ihres langjährigen Bemühens als Dramaturgen <strong>und</strong><br />

Spielleiter. Sie unterscheiden sich nur im Grad, mit dem sie an ein Publikum derjenigen<br />

<strong>Hörspiel</strong>form glauben, die nie ganz im Fernsehspiel wird aufgehen können: des reinen<br />

Stimmenspiels <strong>und</strong> der raumlosen Vision, deren Spannungsfeld im Gegeneinander<br />

seelischer Situationen liegt. Gerade diese Kontroverse aber hat noch einmal zur<br />

Präzisierung dessen geführt, was beiden Medien eigen ist. Die »Familie Hesselbach«<br />

folgte dem Gesetz, nachdem sie angetreten, als sie vom Hör- zum Sehfunk<br />

hinüberwechselte. »Der Tiger Jussuff « von Günter Eich <strong>und</strong> Werke ähnlicher Distanz<br />

zum raumzeitlich Geb<strong>und</strong>enen begründen den Anspruch des <strong>Hörspiel</strong>s auf ein<br />

Fortbestehen für die wenigen, die in sich selbst hineinzulauschen auch morgen noch fähig<br />

<strong>und</strong> willens sein werden.<br />

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