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wird, auf bisher gepflegte <strong>Form</strong>en der Unterhaltung, der Dokumentation <strong>und</strong> des <strong>Hörspiel</strong>s<br />
zu verzichten <strong>und</strong> sich, vom Nachrichtenwesen abgesehen, mehr als zuvor jenen Hörern<br />
zu widmen, die in der Beschränkung auf das Hörerlebnis keine Benachteiligung<br />
gegenüber dem Fernsehen erblicken, sondern die Erschließung einer tieferen Dimension<br />
des Kunsterlebens. Im Gesamtprogramm einer R<strong>und</strong>funkanstalt der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
verhält sich der Anteil aller Wortsendungen zu dem aller Musiksendungen etwa wie eins<br />
zu zwei, wobei es Schwankungen um fünf bis sechs Prozent gibt. Das <strong>Hörspiel</strong><br />
beansprucht noch nicht einmal ein Prozent der wöchentlichen Sendezeit. Beim<br />
Südwestfunk nehmen allein die Nachrichten fast zwölfmal so viel Sendezeit in Anspruch<br />
wie das <strong>Hörspiel</strong>, das sich mit einem Anteil von 0,77 Prozent begnügen muß. Bei einer so<br />
bescheidenen Dosierung wiegt jeder programmpolitische Fehlgriff schwer.<br />
Für die Vielen, die im »Radio« ein Selbstbedienungsgeschäft sehen, bei dem das<br />
Kulturelle hinter dem Zeitvertreib <strong>und</strong> der Sensation zurücktritt, ist der R<strong>und</strong>funk als<br />
Mehrzweckinstrument sein eigener größter Konkurrent. In Ländern wie dem unsrigen,<br />
deren R<strong>und</strong>funkanstalten durch Hörergebühren finanziert werden, ist zwar die<br />
Versuchung, das ganze Programm den Wünschen der Verbraucher bedingungslos<br />
anzupassen, geringer als im klassischen Land des kommerziellen R<strong>und</strong>funks, in den<br />
USA, aber man nimmt doch auch bei uns Rücksicht auf den Massengeschmack.<br />
Erscheinungen wie der Schlager oder der von einem Drittel der Hörer bezeugte Hunger<br />
nach Kriminalstücken stehen am einen Ende der Programmarbeit des R<strong>und</strong>funks. Sie<br />
werden mit schlechtem Gewissen geduldet, weil sie einem gar so weit verbreiteten<br />
»Trend« entsprechen. Daß dieser Trend durch den R<strong>und</strong>funk ganz wesentlich verstärkt<br />
wird, ist eine Sache für sich. Wer ihm erliegt, ist für den positiven Teil des<br />
Gesamtprogramms verloren.<br />
Am anderen Ende der Programmarbeit steht das Experiment im luftleeren Raum, wie es<br />
vom »Studio für elektronische Musik des Westdeutschen R<strong>und</strong>funks Köln« auch im<br />
Wortsektor bisweilen gepflegt wird. Vor allem auf rein musikalischem Gebiet kann dort, im<br />
ständigen Gedanken- <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch mit dem Pariser »Service de la<br />
Recherche«, Neuland erschlossen werden. Im Wortsektor wird aber die Grenze der<br />
Mitteilbarkeit auf Kosten auch der willigen, erfahrenen <strong>und</strong> assoziationsgeübten Hörer<br />
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