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Ineinander von funktionalem <strong>und</strong> illustrierendem Agieren hin, das die Notwendigkeit<br />
solcher psychologischer Vertiefung durch den Wegfall des Mimischen erhärtet. Wenn<br />
Arthur KUTSCHERS These »dramatisch ist mimisch schlechthin« uneingeschränkt<br />
Geltung hätte, dann könnte es überhaupt kein dramatisches <strong>Hörspiel</strong>, überhaupt kein<br />
Spiel im Funk geben. Bühnenautoren wie Georg Kaiser aber haben gezeigt, daß sich ein<br />
dramatisches Geschehen sehr wohl auch rein dialogisch gestalten läßt, was natürlich<br />
nicht ausschließt, daß ein guter Schauspieler seinem Dialogpart durch Mimik, Geste <strong>und</strong><br />
Bewegung im Raum Nachdruck verleiht. Man darf aber nicht vergessen, daß der gute<br />
Hörer eines vom Autor <strong>und</strong> vom Sprecher dramatisch gestalteten Dialogs dort, wo eine<br />
optische Ergänzung ins Gewicht fiele, seine Phantasie spielen läßt <strong>und</strong> die Geste sich<br />
zwar nicht deutlich vorstellt, aber intentional mitempfindet. Wenn beim dramatischen<br />
<strong>Hörspiel</strong> der Dialog vorherrscht, so läßt sich die Spannung noch erhöhen durch Wechsel<br />
des Tempos <strong>und</strong> der Dialogdichte zwischen den einzelnen Phasen <strong>und</strong> durch harte<br />
gegeneinander abgesetzte Raumcharakteristik (Zimmer-, Hallen-, Straßenakustik).<br />
Dramatisches <strong>Hörspiel</strong> ist möglich als Stationsspiel, das heißt als rasche Folge<br />
kontrastierender Phasen, es kann aber auch einschnittlos <strong>und</strong> ohne Schauplatzwechsel<br />
wie ein Einakter ablaufen, nur muß dann der Dialog Spannung <strong>und</strong> Entspannung,<br />
Entfremdung <strong>und</strong> Annäherung in rascher Folge aufzeigen. Wo der Erzähler auftaucht, weil<br />
er eine echte <strong>Funktion</strong> hat, entfernt sich der Autor vom Dramatischen. Daß die Zahl der<br />
Handlungsträger aus hörerpsychologischen Gründen klein gehalten werden muß, war<br />
eine der frühesten Erfahrungen, die die Praktiker gemacht haben.<br />
Die meisten dramatischen <strong>Hörspiel</strong>e sind realistische Handlungsspiele mit oder ohne<br />
Rückblende. Ihre Themen decken sich mit denen der zeitgenössischen Schaubühne.<br />
Historische Motive eignen sich nur für den R<strong>und</strong>funk, wenn sie in ein modernes<br />
Sprachgewand gehüllt <strong>und</strong> so »vergegenwärtigt« werden, daß jene Hörer, die mit den<br />
Gegebenheiten zurückliegender Epochen nicht vertraut sind <strong>und</strong> ihre sprachlichen<br />
Äußerungsformen nicht kennen, unmittelbar auf die zeitlose menschliche Substanz<br />
stoßen. Diese Art der Verarbeitung geschichtlicher <strong>und</strong> auch mythischer Vorwürfe ist uns<br />
vertraut geworden durch zahlreiche Spiele aus der griechischen Götter- <strong>und</strong> Heldensage<br />
von Wickert bis Hildesheimer <strong>und</strong> Weyrauch.<br />
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