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Hörspiel. Form und Funktion.

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diese Einschnitte nur durch Pausen, Zwischenmusik oder überleitende Worte, also durch<br />

einen epischen Rahmen, deutlich machen.<br />

Beim Drama der offenen <strong>Form</strong> ist die Mannigfaltigkeit der Schauplätze wichtiges Stilmittel.<br />

Es führt in neuerer Zeit zur kulissenlosen Bühne, die einzelne Orte nur andeutet. Sie<br />

entspricht der Bühnenlosigkeit des <strong>Hörspiel</strong>s, das Schauplätze entweder auch nur - durch<br />

Geräusch, Musik oder Hinweise im Dialog oder erzählenden Rahmen - andeutet oder<br />

aber die Raumvorstellung überflüssig macht, weil der eigentliche Schauplatz die<br />

menschliche Seele ist.<br />

Im <strong>Hörspiel</strong> wird das Raumlose zum Abgr<strong>und</strong>, das Dunkel der Unbegrenztheit zur Quelle<br />

der Angst. Der Mensch ist mit seiner Stimme im Unraum allein, <strong>und</strong> zwar bald in einer<br />

hörbaren Enge (dumpfe Stubenakustik), bald in hörbarer Weite (Straßen- <strong>und</strong><br />

Hallraumakustik). Enge <strong>und</strong> Weite sind aber beim wirklichen <strong>Hörspiel</strong> - im Gegensatz zum<br />

adaptierten Schauspiel - geistig-seelische Werte <strong>und</strong> kein akustischer Ersatz für die<br />

optischen Raumerlebnisse der Schaubühne.<br />

Schauspiel <strong>und</strong> <strong>Hörspiel</strong> geben innere <strong>und</strong> äußere Geschehensabläufe. Während aber<br />

der sichtbare, während jeder Handlungsphase dem Publikum gegenwärtige Schauplatz<br />

dem Bühnenstück eine starke Raumkomponente gibt, ist das <strong>Hörspiel</strong> ein reines<br />

Zeitkunstwerk. Wenn Erwin WICKERT erklärt: »Die Handlung des <strong>Hörspiel</strong>s spielt auf<br />

einer inneren Bühne«, so trifft das nicht für alle Arten von <strong>Hörspiel</strong>en <strong>und</strong> nicht einmal für<br />

alle seine eigenen <strong>Hörspiel</strong>e zu. Man kann höchstens sagen, daß die Mittel, die eine<br />

Raumvorstellung beim Hörer erzeugen sollen, wo eine solche zum Verständnis der<br />

Handlung erforderlich ist, der Ergänzung durch die Phantasie des Hörers bedürfen, der<br />

des Bühnenbilds eintraten kann, es sei denn, man beschränke sich auf wenige<br />

Andeutungen oder lasse überhaupt nur im Lichtkegel vor dunklem Gr<strong>und</strong>e spielen.<br />

Da sind zunächst die toten Dinge. Im klassischen Drama entsprechen sie der<br />

Vornehmheit der Handlungsträger <strong>und</strong> sind kostbar, erlesen <strong>und</strong> symbolträchtig. Sie<br />

versinnbildlichen einzelne Züge der Personen. Da sie gesehen werden wollen, ist im<br />

<strong>Hörspiel</strong> kein Platz für sie. Wo sie zu hören sind wie die Hacke des Mönches Doin in<br />

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