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Hörspiel. Form und Funktion.

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Barmann: In der 46. Straße können Sie nicht weiter. Reißen die Straße auf. Mir bleibt die<br />

K<strong>und</strong>schaft aus. Sie müssen zurück um einen ganzen Block.<br />

Jan: Ja, es ist so leer hier.<br />

Stimmen: (leise) Denk daran, solange es Zeit ist.<br />

Jan: Noch einen Doppelten.<br />

Stimmen: (leise) Keine Gnade denk daran.<br />

Jan: Bei uns, ich meine, dort drüben, hat die Regierung gewechselt. Ich hatte keine Ahnung.<br />

Stimmen: Keine Gnade keine Zeit für Gnade ...<br />

Bisweilen werden die Stimmen von Menschen aus einer anderen Zeit hörbar, so in Erwin<br />

WICKERTS »Robinson <strong>und</strong> seine Gäste« (1960) die Stimmen von Goethe oder vom<br />

Prospero aus Shakespeares »Sturm«.<br />

Stimmen von Toten greifen bisweilen in den Dialog ein. »General Frédéric« (1949) von<br />

Jacques CONSTANT spricht bald als Toter, bald als Lebender, aufgerufen durch drei<br />

unpersönliche Stimmen, unter Blitz- <strong>und</strong> Donnerschlag. Dazu der Autor: »Ich lege großen<br />

Wert darauf, daß General Frédérics Stimme getragen, aber ironisch wirkt, damit man das,<br />

was ich erzählen will, nicht allzu ernst nimmt. Ich betone, daß die Stimme des toten<br />

Frédéric nicht die Stimme des lebenden Frédéric ist.«<br />

»Festianus Märtyrer« (1958) von Günter EICH spielt nur zwischen Toten, von den nicht<br />

menschlichen Gestalten des Petrus, des Belial <strong>und</strong> des Hilfsteufels abgesehen.<br />

Der Professor Hartmann in Walter JENS' »Der Besuch des Fremden« (1952) erinnert sich<br />

an den letzten Brief seines Sohnes Dieter, bis dessen Stimme hörbar wird, mit einer<br />

Buchenwald-Schilderung in freien Rhythmen.<br />

Auch der Tod in Person tritt auf, zum Beispiel in der »Alkestis« (1951) von Erwin<br />

WICKERT. Wohl sind wir, von der Bühne <strong>und</strong> auch vom surrealistischen Film her,<br />

gewöhnt, seiner unheimlichen Gestalt in vielen Verhüllungen <strong>und</strong> unterschiedlicher<br />

Stilisierung zu begegnen, aber es ist ein Unterschied, ob optische Wirkungsmöglichkeiten<br />

zusätzlich zur Stimme als Mittel zur leichteren Unterscheidung zur Verfügung stehen oder<br />

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