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Der Herr: Irgendwer, der einen Rhythmus hat: ein Installateur, ein Buchbinder, eine Hebamme,<br />
ein Straßenbahnführer Budapest klopft. Pum-pum, pum-pum. Es lebt. Pum-pum. Er lebt. (Er<br />
meint es nun ehrlich mit seiner Hoffnung). Wenn er lebt, werde ich tanzen.<br />
Ivar: Du mußt es: viele leben, die nicht leben dürfen. Pumpum pum-pum. Ein Toter lebt: Pumpum,<br />
pum-pum. Einer, den du nicht erschlagen hast. Pum-pum pum-pum, pum-Pum, pumpum<br />
...<br />
Ivar: (ängstlich) Jak?<br />
Der Herr: Jak....<br />
Hier ist das Geräusch Instrument höchster dramatischer Spannung. Es löst eine<br />
schicksalsträchtige Frage aus <strong>und</strong> führt zu einer Antwort hin.<br />
Man kann sich noch manche Spielart der Geräuschverwendung vorstellen, das Geräusch<br />
als Interpunktion etwa. Geräusch als die große Flut, in der das nicht mehr sinnträchtige<br />
Wort ertrinkt, das Geräusch als Kontrapunkt zur völligen Stille. Selbständig,<br />
Alleinherrscher darf es höchstens für ein paar Sek<strong>und</strong>en werden, <strong>und</strong> es muß immer<br />
etwas auszusagen haben. Der Regisseur hat es im übrigen in der Hand, gestützt auf<br />
Regieanmerkungen des Autors, neben den original erzeugten oder als Bandaufnahme<br />
dem Geräuscharchiv entnommenen, neben den elektronischen <strong>und</strong> aus stilistischen<br />
Erwägungen mit Musikinstrumenten durchgeführten Geräuschen auch noch solche in<br />
seine Einstudierung einzubauen, die von der menschlichen Stimme oder vom<br />
menschlichen Organismus erzeugt werden. Da sind zunächst Geräusche, die eine<br />
anstrengende Körperbewegung andeuten wie etwa schwere, müde Schritte, Tritte, die von<br />
mühsamem, keuchendem Atem begleitet sind <strong>und</strong> ein Gehen unter einer Traglast oder ein<br />
Steigen verraten. Ein Absprung läßt sich ebenso verdeutlichen wie ein Stolpern <strong>und</strong><br />
Hinfallen. Temperamentsausbrüche illustriert ein Aufstampfen mit dem Fuß, ein Schlag<br />
mit der Hand auf die Stirn, ein Faustschlag auf den Tisch, ein Backenstreich. Verlegenheit<br />
deutet ein Sichräuspern an, Erregung ein lautes, stoßweises Atmen, ängstliche<br />
Verwirrung ein Stammeln, Versonnenheit ein wortloses Summen <strong>und</strong> Singen,<br />
Vergnüglichkeit ein Vorsichhinpfeifen, Nervosität ein Trommeln mit den Fingern. Völlerei<br />
signalisiert ein Rülpser, Atemlosigkeit ein Japsen. Handlungsbestandteile sind vor allem<br />
Lachen, Kichern, Weinen, Heulen, Aufkreischen. Auch schon ein gleichmäßiges oder<br />
stoßweises Atmen kann Spielelement sein.<br />
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