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Hörspiel. Form und Funktion.

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»Das <strong>Hörspiel</strong> vom <strong>Hörspiel</strong>« (1930) alle von ihm entwickelten <strong>Form</strong>en seiner »Hörfolge«<br />

zum <strong>Hörspiel</strong> gerechnet. Bei Bischoff wie bei Schirokauer war das Individuum kein<br />

Handlungsträger, es ging nicht um mehr oder minder dramatisch empf<strong>und</strong>ene <strong>und</strong><br />

gestaltete Einzelschicksale, sondern um Zeitkritik, Situationsanalysen, Querschnitte, die<br />

das Neben- <strong>und</strong> Ineinander aufbauender <strong>und</strong> zerstörender Kräfte erkennbar machen<br />

sollten. Vom <strong>Hörspiel</strong> nahm Man die dramaturgischen Hilfsmittel des Arbeitens mit<br />

sprachlichen Kontrasten, mit Dialogen, kennzeichnenden oder »mitspielenden«<br />

Geräuschen <strong>und</strong> mit Musik. Die eigenen Arbeiten Bischoffs <strong>und</strong> Schirokauers<br />

unterschieden sich vom »Aufriß« eines Edlef KÖPPEN nur durch den Verzicht auf den<br />

Einbau von Fremdkörpern in der <strong>Form</strong> von Dokumenten aller Art <strong>und</strong> durch eine dem<br />

Dichterischen sich nähernde sprachliche Durchformung, die Herbert Iherings damals für<br />

das Theater eifrig propagierter »Einfrostung der Gefühle« ebenso entsprach wie Brechts<br />

Verfremdungstendenz, die auch in seinem »Lindberghflug« zutage tritt. Auch für Hermann<br />

KESSER hat das Spiel im R<strong>und</strong>funk Reportagecharakter: »Der Autor ist ein erzählendes,<br />

sachliches Instrument: ein sprechendes Auge.« Auch die Franzosen haben, in ihrem<br />

»studio d'essai«, das noch in der Besatzungszeit gegründet wurde, <strong>und</strong> im »Studio 46«,<br />

einem richtigen R<strong>und</strong>funklaboratorium, das mit allen nur denkbaren Verbindungen von<br />

Wort, Ton <strong>und</strong> Geräusch, mit Monologen <strong>und</strong> Dialogen experimentierte, eine<br />

R<strong>und</strong>funkkunst angepeilt, bei der der Text die gleiche Rolle spielen sollte, wie die Bilder<br />

beim Film. In dem Dialogwerk »L'homme er la ville« von Charles DE PEYRET-CHAPUIS,<br />

das sich »Un poème radiophonique« nennt, sprechen beide Partner monologisch, der<br />

Mensch <strong>und</strong> die Stadt.<br />

Der »Aufriß« der Berliner, etwa vom Jahre 1930 ab, war nach Alfred Braun:<br />

»der Versuch, ein Thema der Geschichte oder des Zeitgeschehens, eine Erscheinung des<br />

äußeren oder ein Problem des inneren Lebens in Variationen zu behandeln. Dokumentarische<br />

Zeugnisse standen neben Spielszenen, realistische Diskussionen neben literarischen<br />

Spiegelungen, scheinbar ungeordnet, wie einem Zettelkasten entnommen, <strong>und</strong> doch innerlich<br />

geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> die Totalität anstrebend. Vielleicht wird man heute darin das erste<br />

Experimentieren an der <strong>Form</strong> des ›Feature‹ sehen dürfen.«<br />

Was noch nicht voll entwickelt war, das war die Verschmelzung der tradierten <strong>und</strong><br />

erf<strong>und</strong>enen Texte mit dem erlebniswarmen Hörbericht.<br />

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