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Bildungswesen, Kunstleben <strong>und</strong> Unterhaltungsbetrieb, <strong>und</strong> schließlich die Grenzen, die<br />
dem Zwiegespräch durch die Beschaffenheit des R<strong>und</strong>funks gezogen sind. Dieses<br />
Zwiegespräch ist kein wirklicher Austausch. Es findet nicht am r<strong>und</strong>en Tisch <strong>und</strong><br />
zwischen Partnern statt, die einander ins Auge blicken können <strong>und</strong> gleiches Recht zur<br />
Meinungsäußerung haben. Die R<strong>und</strong>funksendung kommt beim Hörer an, losgelöst von<br />
den Sprechern, Sängern <strong>und</strong> Instrumentalisten, die im Studio für die Hörerschaft tätig sind<br />
oder bei der Bandaufnahme tätig waren. Sie löst beim Hörer eine Resonanz <strong>und</strong> - im<br />
günstigen Falle - eine innere Auseinandersetzung mit dem Gehörten aus, ein<br />
»Zwiegespräch« also unter sehr ungleichen Voraussetzungen: kann der Hörer während<br />
<strong>und</strong> nach der Sendung sein Hörerlebnis ständig modifizieren <strong>und</strong> ergänzen, so bleibt der<br />
Gesprächsanteil des R<strong>und</strong>funks eine Konstante.<br />
Das einmal Gesprochene bleibt sein unveränderlicher Beitrag zum Gespräch. Er kann<br />
kein Mißverständnis umgehend aufklären, schon weil er es meist gar nicht erfährt. Er<br />
kann keine seiner Aussagen auf eine Frage hin nachträglich schnell ergänzen, keine<br />
<strong>Form</strong>ulierung verbessern. So hat er zwar ein ganzes Bündel Impulse beigesteuert, aber<br />
nicht zu einem Zwiegespräch im üblichen Sinne, sondern zu einem Monolog, den er<br />
ausgelöst <strong>und</strong> durch Bereitstellung geformten Gesprächsstoffs ermöglicht hat. Dieser<br />
Monolog kann nur dann wieder zum echten Gespräch werden, wenn zwei oder mehr<br />
Hörer sich im Nachhinein über das Gehörte miteinander aussprechen, oder wenn etwa im<br />
Funkhaus oder in der R<strong>und</strong>funkarbeitsgemeinschaft eines Hörerverbandes, einer<br />
Jugendgruppe, einer Schule oder Volkshochschule nach gemeinsamem Abhören eine<br />
Aussprache über die Sendung stattfindet. Richtig ist, daß eine Darbietung dann<br />
wirkungslos verpufft, wenn es weder zum inneren Monolog oder Zwiegespräch mit einem<br />
abwesenden Partner, noch zur Aussprache in einer Testgruppe kommt.<br />
Die R<strong>und</strong>funkprogramme werden von Praktikern gemacht, die in Westdeutschland bis<br />
heute nur vereinzelt <strong>und</strong> oft ohne Auswirkung auf die Programmdirektionen Kontakte<br />
aufgenommen haben zur Publizistikwissenschaft, zur Hörerforschung innerhalb dieser<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> zum Hörer, der sich als einzelner, als vermeintlicher oder wirklicher<br />
Vertreter einer Gruppe oder gar einer Majorität beim R<strong>und</strong>funk zum Wort meldet. Viele<br />
Sendungen kommen ohne Gedanken an die Hörer zustande, vor allem auch<br />
<strong>Hörspiel</strong>sendungen; ihre Breitenwirkung ist dann minimal, weil weder der Autor noch der<br />
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