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Hörspiel. Form und Funktion.

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ohne daß das Geträumte oder Geschaute verbildlicht wird. Allerdings liegt ein<br />

erschwerendes Moment bisweilen in der Schaffung eines deutlich erkennbaren<br />

Übergangs aus einer Wirklichkeitsebene auf die andere. Veränderung der Akustik <strong>und</strong> der<br />

Sprechweise genügen nicht immer, um den Hörer diesen Übergang mitvollziehen zu<br />

lassen. Er merkt wohl die Veränderung, begreift aber ihren Sinn nicht, es sei denn, daß<br />

ein wirklicher Dichter am Werk ist. Der gute Film kennt <strong>und</strong> braucht den Dichter in<br />

Bildvisionen, deren Aussagekraft der des Dichters in Worten ebenbürtig ist.<br />

Der Filmschauspieler kann jederzeit den Charme seiner körperlichen Erscheinung<br />

einsetzen, <strong>und</strong> die Filmindustrie ist bemüht, Stars zu kreieren, damit die Kassen voll<br />

werden.<br />

Der <strong>Hörspiel</strong>er hat nur den Klang seiner Stimme <strong>und</strong> die Kunst seiner Rollenbeseelung,<br />

die an die Stelle der Rollenverkörperung treten muß. Weil der Filmschauspieler weiß, daß<br />

das Schwergewicht der Produktion auf dem Bild liegt <strong>und</strong> daß er selbst vor allem auf der<br />

Leinwand sich behaupten muß, mit einer Leistung, die in viele ganz kurze Takes<br />

zerstückelt ist, die weder im geschossenen Nacheinander, noch auch nur in der durch den<br />

Handlungsablauf gebotenen Reihenfolge durch Kamera <strong>und</strong> Mikrophon eingefangen<br />

werden, widmet er dem akustischen Teil seiner Leistung oft zu wenig Aufmerksamkeit.<br />

Die Kameraarbeit beansprucht ihn auch, schon durch die Häufung von Apparaten<br />

verschiedener Art <strong>und</strong> durch das Hin <strong>und</strong> Her der Scheinwerfer <strong>und</strong> Kameras, rein<br />

physisch so sehr, daß die geistige Konzentration immer wieder darunter leiden muß. Der<br />

<strong>Hörspiel</strong>er hat es nur mit dem Mikrophon zu tun. Was seiner Leistung durch technische<br />

Manipulation noch hinzugefügt wird, der Nachhall etwa, die veränderte Akustik bis zur<br />

völligen Verfremdung seines Stimmcharakters, die unterlegten realistischen <strong>und</strong> surrealen<br />

Geräusche <strong>und</strong> die Musik, das berührt seine Leistung nicht <strong>und</strong> durchbricht kaum je die<br />

Stille, die ihn während des Sprechens umgibt, eine Stille, die ihn zur Verinnerlichung<br />

zwingt, aus der heraus er eine Situation, ein Schicksal, eine seelische Haltung rein durch<br />

das Wort glaubhaft gestalten soll.<br />

Dabei darf er freilich die Technik <strong>und</strong> damit die Tatsache nicht vergessen, daß sein Wort<br />

eine Apparatur durchläuft <strong>und</strong> daß beim Empfang das Ohr des Hörers für sich allein die<br />

ganze Leistung übernimmt. Das erfordert ein Zurückführen aller Vorgänge auf ein<br />

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